Die Kanzlerin trägt Kappe statt Kostümchen beim Sommerurlaub in Südtirol und in den Fluren der EU-Gebäude in Brüssel herrscht gähnende Leere. Doch einer stört die Urlaubs-Stille! Finanzminister Schäuble hat jetzt laut FAZ-Informationen vorgeschlagen, dass die EU-Kommission einen Teil ihrer Aufgaben abgibt! Von Entmachtung ist die Rede.
Das mediale Echo ist überwältigend. Überall wird heute über Schäubles Idee berichtet und diskutiert. Kurz zum Vorschlag des Finanzministers: zentrale Aufgaben der Kommission wie die Durchsetzung eines europäischen Binnenmarktes sollen in eine unabhängige Organisation ausgegliedert werden – nach Vorbild des Bundeskartellamts. Auch die Wettbewerbsaufsicht sollen nach Meinung des deutschen Finanzministers in Zukunft anders organisiert werden – und zwar ebenfalls ohne EU-Kommission. Die Vorschläge sind ein ziemlicher Hammer, denn sie bedeuten ganz direkt, dass die Kommission deutlich an Macht verliert.
Ein Grund dafür, dass ein überzeugter Europäer wie Schäuble solche Vorschläge macht, dürfte wohl Kommissions-Chef Jean-Claude Juncker sein. Der hatte sich zuletzt sehr in den Vordergrund gedrängt bei den Verhandlungen über neue Kredite für Griechenland. Teilweise hatte der Luxemburger sogar direkt mit dem griechischen Regierungschef Tsipras verhandelt. Das aber ist eigentlich gar nicht Aufgabe der Kommission, sondern Sache der Eurogruppe, wie Schäuble immer wieder betont hat. Juncker dagegen will offenbar eine politische Kommission anführen, die sich aktiv am Politik-Alltag beteiligt. Das wollen Schäuble und auch andere Mitglieder der Eurogruppe offenbar nicht hinnehmen. Die EU steht ohnehin vor Veränderungen, im Herbst soll es eine Reformdebatte geben – passend zum britischen Referendum über einen EU-Austritt. Finanzminister Schäuble will die EU Kommission zurechtstutzen. Sein Vorschlag: Binnenmarkt und Wettbewerb sollen zukünftig durch eine neutrale Institution überwacht werden.