Bei aller Abscheu – diesen Erfolg muss man den islamistischen Terroristen zugestehen: Mit den schrecklichen Attentaten von Paris ist es ihnen einmal mehr gelungen, die Gesellschaft in Europa zu spalten. Allein die Pegida- und Antipegida-Demonstrationen in Deutschland machen das mehr als deutlich. Eine Situation, mit der sich nicht nur Europa auseinander setzen muss. Kanada beispielsweise hatte ähnliche Probleme. Und ist ganz offensiv damit umgegangen.
Die Welt wird nicht müde in Gedenken an die Opfer von Paris zu betonen: „Je suis Charlie!“ – ich bin Charlie. Ein wichtiges, ein hoffnungsvolles Zeichen des Zusammenhalts, doch die wichtigste Aufgabe liegt noch vor uns: Menschen verschiedener Religionen müssen – ohne ihre Identität aufzugeben – friedlich in Europa zusammenleben können. Doch Populisten arbeiten dagegen, erklärt Islamwissenschaftlerin Riem Spielhaus im EuranetPlus-Interview: „Das Problem haben alle europäischen Länder. Hier ist wirklich Europa gefordert: Wie kann man langfristig ein positives Bild in der Gesellschaft verankern, in dem es wirklich eine Wertschätzung für die Religionsfreiheit und die damit verbundene Vielfalt geben kann.“
Das bedeutet nach Meinung von Spielhaus: Die EU braucht eine Leitbild-Kommission, um den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu stärken. Klar formulierte Schritte, statt seichtes Gerede: „Was jetzt gefordert ist, ist nicht zu sagen, was nicht geht, sondern die Bedeutung von ‚in Vielfalt zusammen leben‘ zu erfahren, das müssen wir jetzt füllen.“ Die Diskussion über eine Neuausrichtung der Migrationspolitik läuft schon seit etlichen Jahren. Vorbilder für gelungene Integration sind bekannt, so Spielhaus: „Zum Beispiel Kanada, wo es in den 80er und 90er Jahren so eine Phase gab, in der man sich zu einer Komission zusammengeschlossen hat, in der eine neue Vision für das kanadische Zusammenleben entwickelt wurde. Damals gab es dort den Slogan ‚Unity in Diversity‘.“ Einheit in Vielfalt – ein schöner Gedanke, der dringender denn je in Europa verinnerlicht werden muss.