Estland soll im zweiten Halbjahr 2017 für Großbritannien die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen. Darauf einigten sich heute Vertreter der EU-Staaten in Brüssel, wie die Deutsche Presse-Agentur aus EU-Kreisen erfuhr. Die britische Premierministerin Theresa May hatte kurz zuvor mitgeteilt, dass ihr Land den Ratsvorsitz wegen der bevorstehenden Verhandlungen über den Austritt des Vereinigten Königreiches aus der Europäischen Union nicht wahrnehmen wird.
Estland wäre eigentlich erst Anfang 2018 mit der alle sechs Monate wechselnden EU-Ratspräsidentschaft an der Reihe gewesen. Der nun aufgestellte Plan sieht vor, dass mit Estland angefangen alle bis 2020 eingeteilten Staaten den sechsmonatigen Vorsitz bereits ein halbes Jahr früher übernehmen. Im Januar 2020 springt dann außerplanmäßig Kroatien ein. Deutschland wäre wie ursprünglich vorgesehen erst wieder im 2. Halbjahr 2020 an der Reihe. Die Pläne sollen nun im schriftlichen Verfahren endgültig verabschiedet werden.
Kampf gegen Klimawandel
Im Kampf gegen den Klimawandel soll Deutschland bis 2030 insgesamt 38 Prozent an Treibhausgasen einsparen. Vergleichsjahr ist 2005. Das geht aus Vorschlägen der EU-Kommission zur so genannten Lastenteilung beim Klimaschutz hervor. Die Europäische Union als Ganzes hat bereits zugesagt, dass sie ihren Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) bis 2030 um mindestens 40 Prozent senken wird (im Vergleich zu 1990). Die EU-Kommission erklärte, wie viel jedes einzelne EU-Land dazu beitragen soll. Es dürfte darüber harte Verhandlungen unter den Ländern geben, auch das Europaparlament muss zustimmen. 195 Länder hatten sich im Dezember in Paris darauf geeinigt, die Erderwärmung auf höchstens 2 Grad zu begrenzen.
Pläne gegen Lohndumping bleiben
Die EU-Kommission hält trotz Widerstands aus einigen nationalen Parlamenten an ihren Plänen zum Kampf gegen Lohndumping fest. Der Vorschlag zur Änderung der sogenannten Entsenderichtlinie sei mit EU-Recht vereinbar, teilte die Brüsseler Behörde heute mit. Der Vorstoß solle nun mit dem Europaparlament und den EU-Staaten diskutiert werden.
Die EU-Kommission will erreichen, dass künftig dieselbe Arbeit an ein- und demselben Ort in der Regel gleich entlohnt werden muss. Personen, die in einem EU-Staat angestellt sind, aber in einem anderen Land arbeiten, könnten demnach im Prinzip nicht mehr schlechter bezahlt werden als Arbeiter ihres Gastlandes. Vor allem östliche EU-Staaten wie Polen sehen in Vorhaben aber eine Gefahr für heimische Unternehmen. Letztere haben in Ländern wie Deutschland teils Wettbewerbsvorteile, weil sie Löhne auf Heimatniveau zahlen. Parlamente aus elf EU-Ländern hatten Bedenken zur geplanten Überarbeitung der Richtlinie geäußert. Deutschland war nicht darunter. Nach Ansicht der Parlamente verstößt die Richtlinie gegen das Subsidiaritätsprinzip, wonach nationale Gesetzgebung dort Vorrang hat, wo EU-Recht nicht zwingend nötig ist. Brüssel war daher verpflichtet, die geplanten Änderungen erneut zu prüfen. Nach Zahlen der EU-Kommission gab es 2014 rund 1,9 Millionen entsandte Arbeitnehmer in der EU, etwa 414 000 davon in Deutschland – mehr als in jedem anderen EU-Staat. Ein großer Teil aller entsandten Arbeitskräfte – rund 44 Prozent – war im Baugewerbe tätig.