Kein Aufbruch-Signal

Gut eine Woche ist es jetzt her, dass sich die EU zum Gipfel in Bratislava getroffen hat. Ein großes Ereignis für ein kleines Land wie die Slowakei – das ist aber schon das einzig Positive was geschrieben wurde. Ein Autor der Frankfurter Allgemeinen bilanziert:

Presseschau

„Wer von dem Gipfel ein Aufbruch-Signal erwartet hatte oder einen Neustart der Europäischen Union, sah sich enttäuscht. Das Treffen erinnerte an einen Versuch in kollektiver Paartherapie. Heraus aus dem Alltag des Brüsseler Ratsgebäudes, ging es bei der Donaufahrt auf dem Ausflugsschiff „Regina Danubia“ und auf der weiß getünchten Burg von Bratislava nach dem Austrittsvotum der Briten um dreierlei Dinge: ehrlich Bilanz zu ziehen, den Willen zur gemeinsamen Zukunft zu demonstrieren und einen Therapiefahrplan auszuarbeiten. Das mündete in dem durchaus beachtlichen Bekenntnis, die EU sei nicht perfekt, aber das beste Instrument, um die Herausforderungen zu lösen, „die vor uns liegen“. Das ist weit entfernt von dem blinden Schwur unbedingter und immer weiter schreitender Integration vergangener Tage und eine Absage an all jene, die jetzt den Zeitpunkt für neue Integrationsschritte sehen. Der Therapieansatz von Bratislava lautet, die Bürger mit konkreten Taten vom Wert der EU zu überzeugen. Das mag man wohlwollend als Politik der kleinen Schritte bezeichnen. Es ist eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners.“

Ein historischer Gipfel war es also – nicht wegen der Inhalte, sondern weil seit 43 Jahren Großbritannien nicht mehr dabei war. Ein Autor der Bild betrachtet diesen Umstand noch einmal und stellt fest, dass es der EU so schlecht geht wie nie zuvor.:

„Ihr geplanter EU-Austritt trifft die Briten stärker als den Rest Europas. Auf der Insel lahmt die Konjunktur, Firmen geizen bei Neueinstellungen. Auf dem Festland ist von Brexit-Frust dagegen (noch) nichts zu spüren. Alles also nicht so schlimm mit dem britischen EU-Aus? Mitnichten! Die Briten waren bislang wichtiger Garant für Wachstum und Wohlstand in der EU. Stotterte der deutsch-französische Motor, war London ein verlässlicher Partner, um Reformen voranzutreiben – und Stillstand zu vermeiden. Kein Zeitplan, vage Verhandlungsposition: Der „Brexit“ kommt nicht recht voran. Vielleicht, weil die „Brexokalypse“ bislang ausgeblieben ist? Der jüngste EU-Gipfel in Bratislava hat gezeigt, was ohne Großbritannien langfristig droht: eine zerrissene EU, ohne klaren Kurs. Diese Brexit-Nachwehen werden uns alle treffen.“

Das Machtwort von Kommissions-Chef Juncker hat gewirkt: Die Roaminggebühren fürs Handy werden jetzt doch gekippt und zwar ohne zeitliches Limit. Das zeigt, wie lernfähig die EU-Kommission ist, meint eine Autorin der Südwest-Presse:

„Zumindest beim Thema Roaming-Gebühren, die bei der Nutzung eines Handys oder eines anderen mobilen Kommunikationsgeräts im Ausland anfallen, hat Brüssel nun auf massive Kritik von Verbraucherverbänden reagiert. Die EU erfüllt endlich ihr Versprechen, dass die Gebühren vom kommenden Jahr an wegfallen werden. Und zwar ganz – und eben nicht nur für 90 Tage im Jahr, wie zuletzt angekündigt. Das zeitliche Limit wäre im krassen Widerspruch zu dem gestanden, was die EU sein will: ein gemeinschaftlicher Wirtschafts- und Lebensraum für die Einwohner ihrer Mitgliedsländer. Müsste aber beispielsweise ein Praktikant, der für zwei Monate im EU-Nachbarland lebt und arbeitet, extra aus- und wieder einreisen, um die mitunter sehr teuren Roaminggebühren zu sparen, wäre dies grotesk. Ganz zu schweigen von Geschäftsleuten, die kreuz und quer durch Europa reisen. Ganz glücklich machen dürfte die neue Vorlage die Verbraucherschützer allerdings auch nicht. Um einen Missbrauch zu verhindern, sollen die Telekommunikationsanbieter nun darauf achten, wer von wo aus zu welchem Tarif telefoniert. Die Proteste der Datenschützer sind vorprogrammiert.“