„Wir hatten keine Ahnung“

Wir hatten ja keine Ahnung, ungefähr so kann man die Reaktion der EU-Kommission auf den Fall Nelli Kroes zusammenfassen. Die frühere EU-Kommissarin soll während ihrer Amtszeit Direktorin einer Briefkastenfirma auf den Bahamas gewesen sein. Das meldet die Süddeutsche Zeitung. Claudia Knoppke vom europäischen Radionetzwerk Euranet Plus hat die Reaktion der EU-Kommission zusammengefasst.

Neelie Kroes© European Communities , 2007 / Source: EC - Audiovisual Service / Photo: Georges Boulougouris

Neelie Kroes

„The commission was not informed about this.“

Die Kommission war darüber nicht informiert, war heute Mittag der erste Satz , den Kommissionssprecher Margaritis Schinas gesagt hat.

„Frau Kroes hat es uns jetzt gesagt und der Präsident hat ihr heute Morgen einen Brief geschrieben und um Klärung gebeten.“

Nun ist es ja an sich nichts völlig Ungewöhnliches, dass hohe Würdenträger nach ihrer politischen Karriere in die Wirtschaft wechseln. Eines der bekanntesten Beispiele ist wohl Ex-Kanzler Gerhard Schröder. Er wechselte in die Wirtschaft, zum russischen Konzern Gazprom. Und Ex- Kommissionspräsident José Manuel Barroso ist zur Bank Goldman Sachs als Berater gewechselt. Doch bei Nelli Kroes soll das alles schon während ihrer Zeit bei der Kommission passiert sein. Von 2000 bis 2009 war sie der Süddeutschen zufolge auch Direktorin der Mint Holdings Limited auf den Bahamas. Es sei offensichtlich so, dass auch die strengsten Regeln, wie sie die Kommission in ihrem Verhaltenskodex habe, nicht dafür schützen, dass es zu solchen Vorfällen kommt, sagte Kommissionsprecher Margaritas Schinas

„Das war der Fall beim früheren Kommissionspräsidenten, der sich entscheiden hat, für eine bestimmte Bank zu arbeiten, und das ist jetzt der Fall bei einer früheren Kommissarin, die offensichtlich die Regeln nicht respektiert und die Kommission nicht informiert hat.“

Die Kommission weiß noch nicht, wie sie auf die Enthüllungen reagieren wird.

„Erst wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen, werden wir die weiteren Schritte überlegen.“

Aus den Reihen der Politik gibt es schon die eine oder andere Reaktion: Pfui! ist eine gern genommene. Der Grünen Europaabgeordnete Sven Giegold hat beispielsweise in einem Tweet mit den Worten reagiert: Neelie Kroes ist ein herausragendes Negativbeispiel für die Beschädigung von Vertrauen in die Politik. Die Entwicklungen seien die unrühmliche Krone eines von Interessenkonflikten geprägten Lebenslaufs.