Hofreiter: Türkei erpresst die EU

Der Irre vom Bosporus. So bezeichnet der deutsche EU-Abgeordnete und Satiriker Martin Sonneborn den türkischen Ministerpräsidenten Erdogan. Irre Formen nimmt inzwischen auf jeden Fall der EU-Türkei-Deal an. Der Staatschef kündigt regelmäßig an, den Flüchtlingspakt aufzukündigen, ebenso regelmäßig trifft sich unsere Kanzlerin mit dem Türkei-Chef. Ein Engagement, das nicht überall lobende Worte findet. Urte Modlich berichtet:

Anton HofreiterStefan Kaminski

Anton Hofreiter

Wenn ihr nicht – dann wir nicht. Darauf lief es auch wieder beim letzten Treffen zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem türkischen Präsidenten Erdogan hinaus, der EU-Türkei-Deal droht zu scheitern. Und das nur deswegen, weil die EU unfähig ist, schimpft der Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion Anton Hofreiter im Euranet-Plus-Interview:

„Mit der Unfähigkeit der Europäischen Union zu ihren eigenen Werten zu stehen, erpresst die Türkei die EU. Die Lösung wäre, dass die Nationalstaaten der EU endlich wieder zu den eigenen Werten stehen würden.“

Das tun viele derzeit aber nicht. Und deswegen müsse Merkel Druck auf die EU-Staaten ausüben und sie fragen: Wollt ihr Euch wirklich der Türkei ausliefern? Eine Frage, die auch an den CSU-Chef gerichtet werden sollte.

„Herr Seehofer hat ja die schmierigste Position in diesem Bereich von allen. Herr Seehofer kritisiert die Türkei und will gleichzeitig keine Flüchtlinge aufnehmen – so geht’s aber nicht.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel lässt den Gesprächsfaden mit der Türkei nicht abreißen. Prinzipiell richtig, sagt Grünen-Chef Hofreiter. Allerdings:

„Es wäre von Frau Merkel zu erwarten gewesen, dass sie sich mit Oppositionsabgeordneten trifft, die im Moment massiv bedroht werden, deren Immunität aufgehoben wird. So lange sie sich mit Oppositionsabgeordneten nicht trifft, sind ihre kritischen Worte nichts als Heuchelei.“

Atemberaubend findet EU-Parlamentspräsident Martin Schulz derzeit die Türkei. Damit meint allerdings die so wörtlich „atemberaubende Abwendung von den Werten Europas“.