Es wächst kein Kraut mehr – Die Presseschau

Über das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat gibt es unter anerkannten Wissenschafts-Instituten einen erbitterten Streit. Die einen sagen er ist krebserregend, die anderen sagen: „das ist er nicht!“. Die EU-Kommission soll im nächsten halben Jahr darüber entscheiden, ob der Wirkstoff in der EU zugelassen bleibt.

Presseschau

Darüber hat sich ein Autor der Süddeutschen Zeitung Gedanken gemacht:

„Ganz egal, wer recht hat: Es wäre grob fahrlässig, auf dieser Basis eine erneute Zulassung von Glyphosat auszusprechen. Die Vorwürfe müssen geklärt und ausgeräumt werden. Es steht zu viel auf dem Spiel, für Landwirte, Industrie und vor allem die Bevölkerung. Bei Glyphosat geht es nicht um irgendein Pestizid. Das Mittel ist so etwas wie der Treibstoff der modernen Landwirtschaft. Wo das Mittel hingespritzt wird, wächst fast kein Kraut mehr. Landwirte schätzen den Stoff, weil er ihnen die Arbeit erleichtert, sie müssen nicht so oft über den Acker fahren und auch nicht so tief umgraben. Die Reife von Getreide lässt sich ebenfalls damit steuern. Schon heute lässt sich Glyphosat im Urin von Menschen und vielen Lebensmitteln nachweisen. Anders als bei rotem Fleisch, das ebenfalls von der WHO als Krebsrisiko eingestuft wird, haben Verbraucher keine Wahl, ob sie das Mittel zu sich nehmen oder nicht. Deshalb kommt dem Staat hier eine besondere Sorgfaltspflicht zu, auch Vorsorgeprinzip genannt. Er muss seine Bürger vor den Risiken schützen, die sie nicht selbst beeinflussen können – wenn nötig, durch ein Verbot.“

Der EU-Türkei-Gipfel zur Flüchtlingskrise hat am vergangenen Wochenende bewegt. Die zentralen Ergebnisse: Die EU zahlt drei Milliarden Euro für die gut zwei Millionen syrischen Flüchtlinge in der Türkei, um den Flüchtlingsstrom einzudämmen. Auf der anderen Seite werden die Gespräche zum visafreien Reisen und EU-die Beitrittsverhandlungen beschleunigt. Ein Autor des Handelsblatts schrieb dazu:

„Das sind gute Nachrichten für Deutschland und vor allem für die Bundeskanzlerin persönlich. Würde der Flüchtlingsstrom nach Deutschland wie bisher anhalten, dann wäre es um Angela Merkels politische Zukunft ziemlich schlecht bestellt. Letztlich hilft ihr der türkische Präsident Erdogan, im Amt zu bleiben. Dafür hat die Kanzlerin einen hohen Preis bezahlt – sowohl politisch als auch moralisch. Mit keinem Wort erwähnte Merkel bei ihrer Ankunft in Brüssel, dass Erdogan die Menschenrechte verletzt und die Pressefreiheit mit Füßen tritt. Andere Regierungschefs, der Belgier Michel, der Österreicher Faymann, haben darauf wenigstens einmal hingewiesen. Als demokratischen Rechtsstaat im europäischen Sinne kann man die Türkei unter Erdogans Führung sicher nicht bezeichnen. Trotzdem wird mit dem Land nun wieder intensiv über einen Beitritt zur EU verhandelt. Meint die Kanzlerin das eigentlich ernst?“

In der Flüchtlingskrise gab es in dieser Woche eine neue EU-Wendung. Die Slowakai klagt gegen die Umverteilung der Migranten. Ein Autor der Bild-Zeitung schrieb dazu: „EU-Solidarität ist keine Einbahnstraße“:

„Die Botschaft ist eindeutig: Die osteuropäischen Länder lassen Deutschland und die anderen Aufnahme-Nationen mit dem Problem allein. Dieses Thema bewegt ganz Deutschland: Mehr als eine Million Flüchtlinge werden in diesem Jahr kommen. Klage gegen Flüchtlinge! Die Slowakei zieht gegen die von der EU beschlossene Verteilung von Flüchtlingen vor Gericht. Damit stellen sie auch die EU als Ganzes infrage! Denn es geht nicht nur um 902 Flüchtlinge, die die Slowaken aufnehmen sollen. Es geht um einen europäischen Grundpfeiler. Die EU schreibt sich selbst das Wort SOLIDARITÄT ganz groß auf die Fahne. EU, das heißt eben nicht nur Subventionen NEHMEN, sondern z. B. auch, Flüchtlingen aus anderen Ländern eine Heimat GEBEN. Wer dieses Prinzip so massiv mit Füßen tritt, spaltet die EU.“