Eine Gesamtlösung gefragt – Die Pressestimmen der Woche

In der Flüchtlingskrise hat die EU in dieser Woche wieder einmal versucht eine Gesamteuropäische Lösung zu finden – vergeblich. Eine Quotenregelung ist abermals gescheitert.

Presseschau

Ein Autor der Berliner Morgenpost schreibt dazu, wie sich die EU jetzt erneuern muss:

„Die Welt ist voller Krisen – in Nahost, in Afrika, in der Ukraine. Eine handlungsfähige EU wird mehr denn je gebraucht. Die Gemeinschaft muss sich jedoch neu definieren. Hochfliegende Pläne von einem Super-Staatenverbund, der immer mehr Kompetenzen in Brüssel bündelt, sind zum Scheitern verurteilt. Der jüngste Vorstoß aus Paris, der sich für eine europäische Wirtschaftsregierung mit eigenem Budget stark gemacht hatte, gehört in diese Kategorie der Rohrkrepierer. Die EU muss sich pragmatisch runderneuern, nach dem Motto: Weniger ist mehr. Gesucht sind jetzt keine wolkigen Utopien, sondern praktische Lösungsansätze. Die Leitfrage derzeit: Wie können die Flüchtlinge fair und menschenwürdig untergebracht werden? EU-Staaten, die bislang die Hauptlast tragen mussten, brauchen die volle Unterstützung aus Brüssel – finanziell, personell, organisatorisch. Aber auch in den Krisenländern, in denen die Flüchtlingsströme entstehen, tut die EU zu wenig. Wenn die Gemeinschaft ihren Blick konsequenter auf die Wurzeln der Flüchtlingsmisere richten würde, könnte sie den Druck vermindern.“

Auch der Brüssel-Korrespondent des Magazins „Spiegel“ hat sich seine Gedanken zu den Ergebnissen des EU-Innenminister-Treffens gemacht. Er sagt Europa habe kein Konzept, stecke in der Sinnkrise:

„Ist das alles? Hunderttausende Menschen drängen derzeit nach Europa, viele Tausend sind auf ihrem teils qualvollen Weg umgekommen. Inzwischen kursieren Schätzungen, nach denen eine Million Flüchtlinge kommen werden – allein in diesem Jahr, allein nach Deutschland. Eine Million. Egal, wie genau diese Schätzung am Ende zutreffen wird: 160.000 Menschen sind im Vergleich dazu eine lächerliche kleine Zahl. Zum Lachen allerdings besteht kein Grund, wenn man sich vor Augen hält, dass diese eine Grundsatzeinigung auf die Verteilung von 160.000 Flüchtlingen das Hauptergebnis des Innenministertreffens ist. Wenn man dem Flüchtlingsdrama überhaupt etwas Positives abgewinnen will, dann vielleicht dieses: Es zwingt die Europäer, über sich selbst, über ihr Verhältnis zueinander und ihr Verhältnis zum Rest der Welt nachzudenken.“

Nicht jeder Zuwanderer aus der EU hat Anspruch auf Hartz IV. Das hat der Europäische Gerichtshof in der vergangenen Woche noch einmal bestätigt. Eine Autorin des Handelsblattes schrieb dazu, dass das Urteil die Flüchtlingsdebatte noch einmal anheizen könne:

„Denn angesichts der Prognosen von einer Million Flüchtlingen, die allein dieses Jahr nach Deutschland drängen, werden Stimmen laut, die den Sozialstaat bereits vor dem Bankrott sehen. Hier sei klargestellt: Das Urteil bezog sich auf Bürger der Europäischen Union. Für Flüchtlinge greifen ganz andere Regelungen, etwa die Genfer Flüchtlingskonvention sowie weitere internationale Verpflichtungen und EU-Richtlinien. Das heißt allerdings auch: Auch mit Blick auf die Flüchtlinge werden die Gerichte zu tun bekommen. Durch das aktuelle Urteil des EuGH ist die Richtung allerdings vorgegeben. Die Aussichten der Hilfesuchenden, die angesprochenen Sozialleistungen zu erhalten, dürften relativ begrenzt sein. Insofern entfaltet das Urteil aus Luxemburg Abschreckungswirkung.“