Ein scharfer Wind weht ins Gesicht – Die Presseschau

Ein Autor der Westfälischen Nachrichten hat sich Gedanken über den allgemeinen Zustand der EU gemacht. Und dabei kommt er zu keinem positiven Ergebnis. Dabei hat er vor allem das Thema Geld im Blick:

Presseschau

„Der Europäischen Union weht ein scharfer Wind ins Gesicht. Von der schlummernden Griechenland-Krise bis zum Streit um Flüchtlingsquoten, vom Brexit-Votum bis hin zu einem massiven Ansehensverlust der EU auch außerhalb Großbritanniens reichen die Probleme. Nur um einen weiteren Imageverlust auch bei Spaniern und Portugiesen zu stoppen, hat die Gemeinschaft nun ihre strikten Strafkriterien gelockert, sprich: trotz massiven Überschreitens der Defizitgrenzen keine Bußen verhängt. Die Europäer gehen mit dieser laxen Politik einen gefährlichen Weg. Mit gutem Grund können künftig alle Schuldenstaaten auf die Lissabon und Madrid gewährten Erleichterungen verweisen. Der Spardruck lässt somit nach, einer neuen Euro-Krise sind Tür und Tor geöffnet. Die Briten haben die EU noch nicht verlassen, aber die Dominanz der südeuropäischen Auffassung von Haushaltspolitik macht sich schon breit.“

Auch ein Autor der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hat sich ebenfalls Gedanken um den Zustand der EU gemacht. Er allerdings hat sich die EU-Kommission vorgeknöpft. Er fordert weniger Einmischung:

„Die Europäische Union bleibt für den Bürger, diesseits wie jenseits des Ärmelkanals, ein Regulierungsmonster. Das ist teilweise unfair. In der Kommission hat mit Juncker ein Umdenken eingesetzt. Nicht ohne Grund klagen regelungsfreudige Beamte und Europaabgeordnete über mangelnde Auslastung. Andererseits hat die Kommission sich den Ruf als Krake, der sich immer mehr ins Leben der Menschen einmischt, hart erarbeitet. Regelungen wie das Glühbirnenverbot haben große Symbolwirkung. Schwerer wiegen Vorstöße zur Einführung der Frauenquote oder zum Bodenschutz, die eindeutig nicht auf EU-Ebene geregelt werden müssen. Der EU fehlt ein Mechanismus, um die Kommission ausbremsen zu können, wenn sie über das Ziel hinausschießt. Die Selbstbeschränkung der Juncker-Kommission ist nicht genug. Zu sehr ist die Kommission jahrzehntelang auf „mehr Europa“ geeicht worden. Vor kurzem erst erklärte ein Kommissar mit entlarvender Offenheit: „Wir überprüfen alle Vorschläge darauf, ob sie besser auf nationaler Ebene geregelt werden könnten – und finden einfach nichts.“

Das Verhältnis zwischen Ankara und Brüssel ist natürlich auch diese Woche wieder Thema gewesen in vielen Medien. Ein Autor der Berliner Zeitung hat wenig Verständnis für die EU und ihr Verhalten nach dem Putschversuch in der Türkei:

„Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise reiste die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel in sieben Monaten viermal in die Türkei, nach dem blutigen Putsch gegen die demokratisch gewählte Regierung ließ sie es bei Kondolenzfloskeln bewenden. Erst drei Wochen nach dem Putsch bemühte sich am Montag mit dem Außenamts-Staatssekretär Markus Ederer erstmals ein Vertreter der Bundesregierung nach Ankara – viel zu spät, viel zu niedriger Rang. Die Türkei hatte mindestens Außenminister Steinmeier erwartet. Sie fühlt sich schlicht im Stich gelassen. Gesten sind eine wichtige Währung in der Politik. Natürlich sind die Massenverhaftungen und mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen verstörend, doch um wie viel glaubhafter könnte der Westen sie kritisieren, wenn er seine Solidarität für die türkische Demokratie und ihre mutigen Demokraten sofort und unmissverständlich bekundet hätte. Jetzt haben nicht nur Anhänger der Regierung das Gefühl, dass vom Westen nichts Gutes mehr zu erwarten ist. Es verwundert dann nicht, dass Erdogan sich nun andere Freunde sucht. Es ist höchste Zeit gegenzusteuern, denn die EU braucht die Türkei – nicht nur als Torwächter im Flüchtlingsdrama, sondern als Riegel der Stabilität gegen das Chaos des Nahen Ostens.“