Höflich und distanziert – Der Wochenrückblick

Höflich, aber distanziert: So verhalten sich EU-Staaten und Kommission nach dem Brexit-Referendum gegenüber Großbritannien. Der Tenor: Die Briten haben sich für einen Austritt entschieden, nun muss auch etwas passieren. Doch noch hat das Land keinen Abschiedsbrief, also den Antrag für einen EU-Austritt, nach Brüssel geschickt.

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Dazu Bundeskanzlerin Angela Merkel:

„Wir nehmen zur Kenntnis, dass Großbritannien einen Antrag gemäß Artikel 50 der EU-Verträge noch nicht stellen will, und Großbritannien seinerseits muss zur Kenntnis nehmen, dass es keine wie auch immer gearteten Verhandlungen oder Vorgespräche geben kann und wird, solange der Antrag nach Artikel 50 nicht gestellt wurde.“

Doch damit rückt Premierminister Cameron nicht raus. Unbefriedigend findet das EU-Kommissionspräsident Juncker:

„Ich mag Unsicherheit nicht. Ich hätte gerne, dass unsere britischen Freunde jetzt sagen, was Sache ist.“

Offenbar wissen das die Briten selbst nicht so genau. Viele Bürger fordern aber einen Exit vom Brexit. Wenn das britische Parlament dem irgendwie folgen und sich vom Abstimmungsergebnis lösen will, dann höchstens mit dieser Position, erläutert Demokratieforscher Ferdinand Müller-Rommel:

„Es haben 75 Prozent der Bürger abgestimmt. Davon haben 52 Prozent für Brexit gestimmt. Und das entspricht in etwa einem Drittel aller Bürger. 2 Drittel waren entweder gegen den Brexit oder sie haben sich enthalten. Das heißt also, es gibt nur ein Drittel, das sich explizit für einen Austritt ausgesprochen hat.“

Slowakei hat Vorsitz

Mit dem angekündigten EU-Austritt wird sich in den kommenden 6 Monaten die Slowakei intensiv befassen müssen. Das Land hat in dieser Woche die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Der slowakische Außenminister Miroslav Lajcak warnte schon mal vor: „Ein Europa á la carte kann es nicht geben.“ Die Ratspräsidentschaft wechselt halbjährig zwischen den EU-Mitgliedsländern. In dieser Zeit leitet und organisiert das jeweilige Land unter anderem die Ministertreffen.

Russland verlängert EU-Einfuhrverbot

Die EU hat eine Verlängerung der Sanktionen gegenüber Russland gerade erst angekündigt – nun kommt die Antwort aus Moskau. Der russische Präsident dehnte seinerseits das Einfuhrverbot für westliche Lebensmittel aus – bis Ende kommenden Jahres. Grund für die gegenseitigen Sanktionen ist der Ukraine-Konflikt.

Kommt der EU-Beitritt der Türkei?

Ein EU-Beitritt der Türkei scheint meilenweit entfernt – die Verhandlungen darüber aber haben beide Seiten jetzt ausgeweitet. Auch das gehört zum EU-Türkei-Flüchtlingsdeal. Gesprochen wird erst mal über Haushaltsfragen – ein Thema, das in der derzeit angespannten Situation nicht für neuen Zündstoff sorgen soll. Und so bemühte sich auch Erweiterungskommissar Hahn, positiv in die Zukunft zu schauen:

„Wir müssen jetzt den Bürgern zeigen, dass diese gegenseitige Engagement auf mehr basiert als auf ein momentanes geben und nehmen. Tatsächlich basiert es auf eine umfassende Strategie, unsere gemeinsamen Interessen und Aufgaben zusammen anzugehen. Und in diesem Prozess können wir weitere Fortschritte erreichen.“

Der niederländische Außenminister Bert Koenders erinnerte die Türkei aber auch daran:

„Wir als EU legen Wert darauf, dass dringende Reformen notwendig sind – besonders auf dem Gebiet des
Rechtsstaats und der Grundrechte.“