Atomare Aufregung – Die Presseschau

Kaum ein Thema hat in Deutschland diese Woche für so viel Aufregung gesorgt wie das: Die EU will die Atomkraft weiter fördern. Ein Autor der Augsburger Allgemeinen schreibt:

Presseschau

Die Aufregung unter deutschen Politikern ist groß: Wie kann die EU-Kommission nur daran denken, die Entwicklung neuer Atomtechnologien zu fördern! Doch in ihrem Protest vergessen die Deutschen, dass der Atomausstieg 2011 ein Alleingang der Bundesrepublik war und keine gemeinsame EU-Aktion. Nicht einmal Berlins engster Partner, Frankreich, ist damals der deutschen Kanzlerin Angela Merkel gefolgt. Präsident François Hollande nennt heute noch die Atomsparte mit ihren 200.000 Arbeitsplätzen die „Zukunft“ seines Landes – wenn auch nicht einzige. Im Streit um Förderpläne der EU-Kommission hätte Deutschland eine bessere Position, wenn die Energiewende überzeugend funktionieren würde. Aber trotz des eindrucksvollen Ausbaus der Wind- und Sonnenstromerzeugung kommt der Ausbau der Netze nicht richtig voran, und bei der Speicherung sieht es ganz düster aus. Dafür sind die klimaschädlichen Kohlekraftwerke weiter am Netz. Kein Wunder also, dass andere Staaten ihre „saubere“ Kernkraft behalten und sogar ausbauen wollen. Wieder zeigt sich, dass Alleingänge in der EU kontraproduktiv sein können.

Schockbilder auf Zigarettenpackungen

Abgefaulte Zehen, löchrige Gebisse und verschrumpelte schwarze Lungen – all das kriegen wir seit gestern auf den Zigarettenschachteln zu sehen. Ein Autor der Ärzte-Zeitung schreibt dazu:
Nach der Umsetzung in nationales Recht müssen Zigarettenschachteln mit großflächigen Schockbildern versehen sein. Diese sollen einen präventiven Charakter entfalten und vor allem Jugendliche dauerhaft vom Griff zur Kippe abhalten. Soweit die Hoffnung der Gesetzgeber! Sicher bedarf es umfangreicher, flankierender Maßnahmen seitens der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, den Krankenkassen und anderer Akteure, um einen nachhaltigen Effekt zu erzielen. Denn Abschreckung muss auch mit fundierter Aufklärung einhergehen. Zwar verfügt auch Deutschland schon dank umfassender Rauchverbote über eine zunehmend raucherfeindliche Umwelt. Aber Rückzugsgebiete für Nikotinabhängige gibt es noch immer. Und Letztere empfinden die Schockbilder eher als ästhetischen Makel denn als Weckruf, die Lebensgewohnheiten zu ändern. Das zeigen die hohen zusätzlichen Abverkäufe von Tabakprodukten unmittelbar vor Umsetzung der Richtlinie – von denen der Staat in Form der Tabaksteuer profitiert hat. Bewähren sich die Schockbilder nicht, bleibt noch die Steuerschraube, die in der Vergangenheit durchaus abschreckende Wirkung hatte.

Glyphosat bleibt umstritten

Der umstrittene Unkrautvernichter Glyphosat soll weiter verwendet werden – so will es die EU-Kommission. Ein Kommentar aus dem Westfalen Blatt:

Glyphosat wurde nicht gestoppt. Die Uneinigkeit der EU-Staaten dürfte kaum mehr als ein Stolperstein auf dem Weg zur weiteren Zulassung des Pflanzenschutzmittels sein. Rechtlich betrachtet kann die EU-Kommission jedes Votum aus den Regierungshauptstädten übergehen. Das wäre zweifellos politisch wenig konstruktiv. Aber es macht zumindest klar, wie die Kritiker, die jetzt jubeln, die Realität entstellen. Denn das, was in Brüssel nicht passierte, beseitigt die Schlacht der unterschiedlichen Studien nicht: Dass im Urin von Kindern in NRW Spuren von Glyphosat gefunden wurde, sagt so lange nichts, bis Gesundheitsgefährdung nachgewiesen wird – oder eben nicht. Bisher gibt es mehr Institute, die Risiken bezweifeln. Doch die Frage bleibt, ob man auf einer derart wackeligen Basis voller Widersprüche Politik machen kann.