Westbalkan-Konferenz: Mehr sichere Herkunftsländer?

In Wien treffen sich heute Vertreter der Europäischen Union und von sechs Balkanstaaten. Bei der lange vorbereiteten Konferenz geht es hauptsächlich um wirtschaftliche Themen – aber natürlich drängt sich auch dort die Flüchtlingsfrage in den Vordergrund, denn viele Asylsuchende kommen aus der Region. In zahlreichen EU-Staaten wie Deutschland gibt es deshalb jetzt die Überlegung, diese Balkan-Staaten zu sicheren Herkunftsländern zu erklären. Was das bedeutet und welche Folgen die Entscheidung hätte, berichtet Joris Gräßlin.

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Es geht um menschliche Schicksale, jeden Tag, tausendfach – und doch müssen die Mitarbeiter des Amts für Migration und Flüchtlinge sie treffen. Darf ein Asylsuchender bleiben – oder wird er in die Heimat abgeschoben? Grundlage für diese Entscheidung ist auch die Liste der sicheren Herkunftsländer, erklärt Bernd Mesovic von der Menschrechtsorganisation Pro Asyl. Und die Liste werde immer länger.

Die EU Staaten sehen sich alle gegenseitig als sichere Herkunftsstaaten an, auch Senegal und Ghana gehören dazu. Wir haben dann im letzten Jahr ein Gesetzgebungsverfahren gehabt, in dem dann auf diese Liste Serbien, Montenegro und Bosnien genommen worden sind. Wir haben daran massiv Kritik geübt, weil wir glauben, die Maßstäbe, die man hätte anlegen sollen, sind unterschritten worden.“

Laut Pro Asyl werden in diesen Staaten Menschenrechte verletzt und Minderheiten verfolgt – was auch die Flüchtlingsströme erkläre. Die EU Staaten halten aber der Regelung fest, um schnellere Abschiebungsverfahren in diese Staaten zu ermöglichen. Genau dieses Argument will Pro Asyl allerdings nicht gelten lassen – die Zeitersparnis in den Verfahren liege gerade einmal bei 10 Minuten – und:

„Schauen wir uns in der Praxis die drei Staaten an, die schon draufgekommen sind in 2014, also Bosnien, Mazedonien und Serbien, dann hat die Listung als sicherer Herkunftsstaat nicht zu einem signifikanten Rückgang der Anträge von Menschen aus diesen Staaten geführt.“

Innenminister de Maizière hat jetzt darauf reagiert, und eine Maßnahmenliste gegen Asylmigration aus den Balkanstaaten vorgestellt. Die Abschiebeverfahren sollen in Zukunft schneller laufen, Leistungen wie Kleidung und Auszahlungen eingeschränkt und nicht mehr im Voraus geleistet werden. Diese Abschreckungsmaßnahmen sorgen schon jetzt für Kritik aus Reihen des Koalitionspartners SPD – auch beim Westbalkangipfel in Wien dürfte die mögliche Maßnahme sicher kritisch diskutiert werden.