„Kleine Mittelständler leiden besonders unter der Corona-Krise“ hat es in den vergangenen Jahren immer wieder geheißen. Corona, Krieg in der Ukraine, Sanktionen gegen Russland, und wie geht es dem Mittelstand? Wir haben in der Politik und im Mittelstand nachgefragt. Der Euranet Plus Kollege Holger Winkelmann hat sich mit dem EU-Abgeordneten Markus Pieper von der EVP unterhalten.
„Sie sind ein Mann des Mittelstandes. Was würden Sie sagen, ist der Mittelstand in Deutschland einer der größten Verlierer beider Szenarien, Corona und Ukraine? Ja, wenn sie Corona und jetzt die Verkomplizierung von Lieferketten, die steigenden Zulieferpreise, die steigenden Energiepreise, wenn sie das alles zusammennehmen, dann sind es schon mittelständische Firmen, die nicht unbedingt auf neue Märkte jetzt ausweichen können, schon Verlierer dieser Situation. Noch hält sich das alles in Grenzen.“
Jurij Kaap hat ein mittelständisches Unternehmen und baut Gummiwalzen. Die werden in verschiedensten anderen Industriebereichen benötigt, u.a. in der Möbelindustrie, um Teile zu lackieren. Die verschiedenen Zutaten zum Bauen dieser Gummiwalzen, darunter u.a. technischer Ruß, kommen ganz überwiegend aus Russland. Viele Zulieferer sind auf andere Quellen umgeschwenkt. Der Effekt.
„Die Preise sind deutlich gestiegen. Auch Preissteigerungen zwischen 10 und 20 Prozent sind jetzt nicht mehr ungewöhnlich. Die Preise können wir immer noch halbwegs normal weitergeben, weil auch keiner mehr wirklich das Ganze diskutiert. Das größte Problem ist tatsächlich auf der Beschaffungsseite. Denn für jeden Artikel muss man erst den neuen Preis anfragen, ist der überhaupt verfügbar, und in welcher Lieferzeit kann ich den bekommen. Und passt das noch mit den Kundenwünschen und den Bedingungen, die die haben. Man ist also für den gleichen Prozess deutlich mehr unterwegs, also ein Beschaffungsprozess dauert heutzutage einfach sehr viel länger, als er früher gedauert hat. Da hat man es einfach ausgelöst aus dem System und dann hat man das nach oder drei Wochen bekommen. Das ist heute nicht mehr so.“
Aus politischer Sicht findet Markus Pieper, dass der Mittelstand jetzt besonderen Schutz braucht. Vor allem dürften die Betriebe in der Energiewende nicht mit Kosten überbelastet werden.
„Und dafür braucht es gute Programme, dafür braucht es Steuerentlastungen. Da muss die Bundesregierung viel mehr tun, und da kann auch Europa – gerade jetzt in dieser Zeit – mal etwas weniger kompliziert sein mit den ganzen Vorgaben.“