Dolmetscherin: Das Sprachengewirr als Herausforderung

Wann haben Sie eigentlich das letzte Mal in einer fremden Sprache gesprochen? Vielleicht, als Sie gerade den englischen Song im Radio mitgeträllert haben? Dann stellen Sie sich doch jetzt bitte mal vor, während da gesungen wird, müssen Sie simultan übersetzen, was da gesungen wird.
Holger Winkelmann hat in Brüssel jemanden getroffen, der genau das, oder sagen wir, sowas ähnliches, jeden Tag tut.

Verschiedene europäische Landerflaggen sowie eine Falle der eruopäischen Weltraumbehörde ESA, die neben einer dunkelblauen, mit dem ESA-Logo versehenen Wand aufgestellt wurdenHolger Winkelmann

Also, gesungen wird im EU-Parlament eher selten, aber gesprochen wird in vielen Sprachen, sehr viel. Maria Horlbeck versucht dabei als Dolmetscherin den Überblick zu behalten und die richtigen Wörter zu finden.

„Ich dolmetsche ins Deutsche und zwar aus dem Englischen, Französischen, Polnischen und Spanischen.“

Und während Maria Horlbeck das tut, geht es nicht etwa darum, wer wen liebt, betrogen oder verlassen hat, wie in den Songs im Radio. Da sind die Themen dann doch etwas komplexer. Macht aber nix, meint Maria.

„Das EU-Parlament, für das ich jetzt konkret dolmetsche, ist ein sehr interessantes Umfeld, weil die Themen eben sehr, sehr vielfältig sind. Von rein politischen Themen, bis hin zu gesellschaftlichen Themen. Tiere, Landwirtschaft, also was Sie wollen, aber es sind nicht immer nur politische Themen.“

Doch, simultan zu Dolmetschen ist immer anstrengend. Deshalb sitzen auch zwei bis drei Kollegen in einer Kabine, und es wird nur etwa eine halbe Stunde am Stück gedolmetscht. Denn, dolmetschen heißt vor allem auch interpretieren. Und, den Sinn übersetzen, nicht das Wort.

„Bei Sprichwörtern, wenn Sie das Wort für Wort dolmetschen würden, würde da einfach nur Quatsch rauskommen, dass würde gar keinen Sinn machen. Also man muss immer sinngemäß dolmetschen. Am Ende wollen die Leute ja was verstehen.“

Und selbst wenn es auch Maria Horlbeck mal „spanisch“ vorkommt, was da gesprochen wird, die Kollegen wissen sich untereinander durchaus zu helfen.

„Also es ist so, dass wir bei über 20 Amtssprachen keine Dolmetscher haben, die 20 Sprachen in ihre Muttersprachen dolmetschen können. Und darum gibt es was, was wir in unserem Jargon retour nennen oder relay. Das heißt, ein retour ist, ein Dolmetscher der estnischen Kabine zum Beispiel, der in das Englische dolmetscht, und dann kann ich auf den englischen Kanal gehen und kann mir o die Dolmetschung holen. Ich machs im Prinzip über Bande, wie beim Billard.“

In Brüssel sorgen übrigens etwa 800 Dolmetscher dafür, dass die knapp 800 Politiker sich zumindest sprachlich verstehen.