EU-müder Juncker?

Alles soll anders und damit besser werden in der EU. Im Europaparlament formiert sich eine „Reformbewegung“ mit der Forderung nach Erneuerungen für die Union. Allen voran die Konservativen! Währenddessen sagt ein konservatives und europäisches Urgestein sowas ähnliches wie: Ich habe keine Lust mehr. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat mit seiner Ankündigung, nicht für eine zweite Amtszeit an der Spitze der Kommission antreten zu wollen, für Nachfragen und Reaktionen gesorgt.

Jean-Claude Juncker, copyright: Audiovisual Service of the European Commission 2015, Shimera

Jean-Claude Juncker selbst war ob der Reaktionen etwas überrascht: „Ich habe vor Monaten erklärt, mir stünde nicht der Sinn danach, eine zweite Amtszeit anzustreben.“ Er hat die Erklärung für die Reaktionen aber gleich selber mitgeliefert: „Ich habe das jetzt dem Deutschlandfunk gesagt, und da ist das Echo größer, als wenn ich es Radio Luxemburg sage, was ich sehr bedauere…“ Doch seine Ankündigung hat, egal durch welchen Kanal, für manch journalistischen Kommentar gesorgt. Die französische Tageszeitung Le Monde schreibt heute: „…seine Absage klingt wie ein Eingeständnis der Ohnmacht.“ Ein bisschen ist es das vielleicht. Doch Juncker sagt von sich selbst auch, er sei nicht amtsmüde, aber: „Also fünf Jahre reichen.“

Denn das aktuelle Tollhaus EU ist nichts für Weicheier. So zumindest lässt es die augenzwinkernde Antwort Jean-Claude Junckers an einen Journalisten-Kollegen vermuten: „Wenn Sie eine Woche hier wären, würden Sie hier nach zwei Wochen aufhören.“ Für den französischen Kommentar in Le Monde bedeutet das auch: „Eine neue Generation muss Juncker ersetzen. Mit einem neuen Blick, ohne die tausend Kompromisse im Gedächtnis zu haben, die seit einem Vierteljahrhundert in Brüssel gemacht wurden und die die Sackgasse als komplett erscheinen lassen.“

Ob nun Elefantengedächtnis, Frust oder amtsmüde – in Österreich sieht man die Schuld eher bei den Staatschefinnen und -chefs. Der Standard schreibt: „Es scheint, als wollte Juncker ultimativ sagen: Mir geht es nicht (mehr) um mich, wacht auf, kämpft um die EU.“