Ende gut, alles gut? – Die Presseschau

Die Belgier haben sich doch noch geeinigt. Diese Nachricht gab es am Donnerstag, zur Erleichterung vieler Politiker und Bürger in der EU. Jetzt kann das Handelsabkommen mit Kanada doch kommen. Ein Autor der Frankfurter Allgemeinen Zeitung glaubt, dass es noch scheitern kann:

Presseschau

„Ende gut, alles gut: Selten war diese Formel so falsch, wie nach dem Ende des Dramas um die Unterzeichnung des EU-Kanada-Freihandelsabkommens Ceta. Das Gipfeltreffen zwischen den Europäern und Kanadiern am Donnerstag war schon abgesagt, da einigten sich die Belgier doch noch. Wenn die diversen belgischen Regionalparlamente an diesem Freitag tatsächlich zustimmen, könnte der Gipfel neu angesetzt und das Abkommen unterzeichnet werden. Das ist freilich kein Grund aufzuatmen, denn nach der nun möglichen Ratifizierung von Ceta durch den Ministerrat und das Europaparlament, muss Ceta auch noch von rund 40 regionalen und nationalen Parlamenten gebilligt werden. Auch das wallonische Parlament muss noch einmal zustimmen. Das Scheitern von Ceta könnte also nur aufgeschoben sein. Umso mehr muss die EU nun darüber debattieren, ob sie Freihandelsverträge weiter von der Zustimmung von Regionalparlamenten wie dem Walloniens abhängig machen will oder sich auf das „Ja“ von Ministerrat und Europaparlament beschränkt.“

Ein Autor des Magazins Spiegel ist erleichtert darüber, dass es jetzt doch noch ein JA zu Ceta gibt. Er empfindet das bisherige Verhalten der Wallonen nämlich mehr als egoistisch und begründet das so:

„Mancher Gegner des Handelsabkommens der EU mit Kanada stilisiert die südbelgische Region zu einer Art Dorf der unbeugsamen Gallier, die den heldenhaften Kampf gegen das Brüsseler Imperium nicht nur für sich selbst, sondern stellvertretend für Hunderte Millionen anderer EU-Bürger führen. Mindestens. Doch es ist wenig Heldenhaftes an dem, was die Wallonen tun, oder genauer: ihre sozialdemokratische Führung. Man mag Ceta gut finden oder schlecht, aber der Beton-Widerstand der Wallonie ist kein Sieg der Demokratie. Denn zu deren Kern gehören nun einmal die Mehrheitsentscheidung und das Prinzip, dass jede Stimme gleich viel zählt. Der Eindruck, der nun zurückbleibt, ist nicht der eines Europas, in dem auch Minderheiten gehört werden. Sondern der Eindruck, dass in Europa jeder, der irgendwie an ein Vetorecht gekommen ist, seine Interessen knallhart durchsetzt, notfalls auf Kosten vieler anderer. “

Die rechtsextreme NPD hat vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geklagt – sie fühlt sich diskriminiert in Deutschland. Die Richter in Straßburg sahen das allerdings nicht so. Ein Kommentar aus der TAZ:

„2013 hatte die Nazi-Partei moniert, sie werde in Deutschland so stark diskriminiert, dass sie schon jetzt faktisch wie eine verbotene Partei behandelt werde. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat das nun zu Recht zurückgewiesen. Natürlich wird die NPD in Deutschland ausgegrenzt. Banken weigern sich, Konten zu eröffnen, NPD-Funktionäre haben Berufsverbot im öffentlichen Dienst, in manchen Bundesländern werden NPD-Kandidaten erst gar nicht zur Wahl zugelassen. Aber gegen jede Maßnahme ist der Klageweg eröffnet und wird von der NPD auch häufig genutzt. Die NPD ist vermutlich sogar froh um jede Maßnahme, die sie gerichtlich anfechten kann, weil sie sonst wegen Irrelevanz gar nicht mehr in die Medien kommt. Vielleicht hat die NPD ja gehofft, dass die Straßburger Richter ihre Klage zum Anlass nehmen, schon mal Signale zu geben, wie sie ein Verbot der NPD durch das Bundesverfassungsgericht beurteilen würden. Doch auch als Stimmungstest war die Klage nicht erfolgreich. Der Gerichtshof hat keine Andeutungen gemacht, weder pro noch kontra Parteiverbot.“