Festgesetzte europäische Journalisten, Beschwerden an Kunst, Musik und Satire, Strafanzeigen – der türkische Präsident Erdogan scheint eine Standleitung für seine permanenten Beschwerden nach Europa aufbauen zu müssen. Kritik? Nicht erlaubt. Und all das hat der Präsident von langer Hand vorbereitet, erklärt eine Türkei-Kennerin und Europaabgeordnete im Gespräch mit Urte Modlich:
Was Erdogan derzeit verstärkt in der Europa versucht, ist in der Türkei schon lange Alltag. Der Ministerpräsident verbietet denjenigen den Mund, die unbequem sind – die Grundlage dafür hat er schon vor langer Zeit gelegt, sagte uns die Linken-Europaabgeordnete Martina Michels:
„Bekannt ist z.B., dass noch vor den letzten Wahlen, als Erdogan noch die verfassungsgebende Mehrheit hatte, er ein innenpolitisches Gesetz erlassen hat, worin die Klausel verankert ist, dass jegliche Kritik an dem Präsidenten eine kriminelle Handlung darstellt.“
Und das steht nicht nur auf dem Papier, sondern sei Alltag. Wie weit das führen kann – Michels erzählt von einem düsteren Vorfall. Sie hatte in der Türkei Kontakt mit einem Anwalt, der Kurden vertrat, der Besuch sei seltsam gewesen:
„Dort war schon deutlich zu spüren, dass er Schwierigkeiten hatte, sich zu äußern. Und er fragte uns mehrfach, wer wir denn sind. Und viel, viel später habe ich dann erfahren, dass genau dieser Anwalt auf offener Straße erschossen wurde.“
In Deutschland sorgt derzeit die türkische Beschwerde an einem Dresdner Konzert zum Genozid an den Armeniern für Aufsehen. Die Türkei hatte sich an die EU gewandt, die das Musikprojekt fördert. Und die veränderte darauf einen Programmhinweis auf Ihrer Homepage. Martina Michels zu dieser Reaktion:
„Also die ist unglaublich, mich hat das entsetzt.“
Gegenüber Euranet Plus betonte die Kommission: Es wurde auf der Homepage nur eine Klarstellung hinzugefügt. Nämlich: Die Europäische Union ist nicht verantwortlich für die hochgeladen oder eingereichten Inhalte.