Plötzlich herrscht Einigkeit im Kampf gegen den IS

Ein Foto geht aktuell um die Welt: US-Präsident Obama und Russlands Präsident Putin im vertrauten Gespräch während des G20-Gipfels in der Türkei. Die Botschaft ist klar – der Terror in Paris bringt sogar die größten Kontrahenten zurück an einen Verhandlungstisch. Auch die in der Flüchtlingskrise zerstrittenen EU-Staaten machen plötzlich wieder gemeinsame Sache. Nur: wie glaubwürdig ist das alles? Joris Gräßlin hat darüber mit einem Friedensforscher gesprochen.

Nahaufnahme des Sternenkreises auf einer EU-Flagge.

Ein einfacher Kaffeetisch in einem Hotel in Antalya. Zwei Männer sitzen sich gegenüber, diskutieren, gestikulieren, 35 Minuten lang – im vertrauten Gespräch. Der erste Austausch seit langer Zeit zwischen Obama und Putin. Diplomatie, quasi erzwungen durch den gemeinsamen Feind, den islamischen Staat, sagt Professor Michael Brzoska, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Friedensforschung in Hamburg.

„Wir haben eben gesehen, jetzt nicht zuletzt durch den Absturz des russischen Flugzeugs und jetzt durch die Anschläge in Paris, wie gefährlich der IS ist und ich denke schon, dass das dazu beitragen wird, dass man jetzt gemeinsam gegen den IS vorgehen wird“.

Ein gemeinsames Vorgehen der Großmächte – mit Unterstützung der EU-Staaten, das war vor wenigen Wochen noch undenkbar. Doch auf höchster politischer Ebene hat offenbar ein Umdenken stattgefunden – und das ändere auch nichts an der Glaubwürdigkeit der Regierungschef, so Michael Brzoska.

„Ich denke schon, dass die Menschen das auch verstehen, dass natürlich gerade diese großen Mächte auch unterschiedliche Interessen haben und nur dort zusammenarbeiten, wo es in deren Interesse ist. Und das deswegen auch die Haltung zum Syrien-Krieg sich wandelt. Es liegt eben daran, dass andere Ziele – insbesondere der Kampf gegen den IS – jetzt für die beiden großen Mächte wichtiger geworden ist, als ihre jeweilige Seite im Syrien-Konflikt zu unterstützen“.

Ein starkes gemeinsames Signal der G20-Staaten könne Unterstützer des IS sogar an den Verhandlungstisch bringen, glaub der Friedensforscher. Ein militärisches Eingreifen gegen den militanten Kern des IS hält aber auch er für unausweichlich.