Welche Auswirkungen hat der VW-Skandal? – Treffpunkt Europa

Was für eine Woche für die Wolfsburger Autobauer von VW. Am Montag musste der Konzern kleinlaut einräumen, dass bei Abgasmessungen in den USA getrickst wurde. Die Emissionen bei Diesel-Autos waren demnach bis zu 40 Prozent höher, als es die Testergebnisse gezeigt hatten. Möglich gemacht hat das offenbar eine Software, die extra für diese Abgasuntersuchungen in zahlreichen VW- und Audi-Modellen installiert worden war. Dieses Fehlverhalten führte schließlich zum Rücktritt von Winterkorn und weiteren Topmanagern bei den VW-Töchtern Audi und Porsche.
Das Beben in der Autobranche hat auch die EU Kommission auf den Plan gerufen.

Blick vom Rücksitz in die Auto-Fahrerkabine auf den Arm des Fahrers am Lenkrad und das Navigationsgerät an der Windschutzscheibe.

Eine Kommissionssprecherin hat dazu gesagt. „Wir bitten alle Mitgliedsstaaten – zusätzlich zu denen, die es schon tun, die Ermittlungen auszuweiten. Wir brauchen einen Gesamteindruck, ob und wie viele zugelassene Wagen in der EU mit Abschalteinrichtungen ausgestattet sind, die nach EU-Recht verboten sind.“ EU-Industriekommissarin Elżbieta Bieńkowska hat wissen lassen: „Unsere Botschaft ist klar: Null Toleranz gegenüber Betrug!“ Die EU-Kommission sieht sich dazu sozusagen auch als Anstoßgeberin, so die Sprecherin.
„Wir sehen uns zusätzlich dazu auch als Austausch-Plattform für die national gesammelten Informationen.“ Frankreich und England haben bereits Tests angekündigt. Das was da bei Europas größtem Autohersteller geschehe werde „sehr ernst“ genommen, hieß es u.a. aus dem britischen Verkehrsministerium. Die britische Zulassungsbehörde arbeite mit Autoherstellern zusammen, um sicherzugehen, dass das Problem nicht branchenweit bestehe. Auch Italien will genauer prüfen, ob und wo die Abgas-Software eingebaut wurde. Die EU-Kommission möchte, dass die für Wettbewerb zuständigen EU-Minister bei ihrem nächsten Treffen am 1. Oktober in Luxemburg über das Thema sprechen.

Gunnar Beer kennt sich mit Autos aus. Er ist Redakteur beim Autoclub Europa, hat Bücher geschrieben – ein Experte. Als er und seine Kollegen vom Autoclub vom VW-Skandal um manipulierte Abgaswerte hörten, hielt sich die Aufregung in Grenzen. Eine Überraschung war das nicht, sagte Beer im Euranet Plus-Interview:

„Weil wir eigentlich schon seit Jahren darauf hinweisen, dass diese Katalogangaben weit ab von der Praxis sind. Das war das Thema Verbrauch hauptsächlich. Das weiß inzwischen auch jeder, dass die Autos einfach viel mehr verbrauchen als vom Hersteller angeben.“

Zwar geht es bei der aktuellen Geschichte um spezielle Abgaswerte, aber salopp gesagt: Wer mehr verbraucht, stößt auch mehr Abgase aus. Aufgeflogen ist der Skandal in den USA. Dort sind die Grenzwerte für Stickoxide wesentlich strenger als in Europa. Die einzuhalten sind für Turbo-Diesel-Motoren besonders schwierig.

„Und das hat VW offensichtlich nicht so ganz geschafft mit ihren Motoren. Und da hat man ein bisschen nachgeholfen, indem man eine Zykluserkennung eingebaut hat. Das heißt, das Auto hat gemerkt, dass es jetzt ernst wird, dass es möglichst sauberes Abgas machen muss und hat auf einen Modus umgeschaltet, der im normalen Fahrbetrieb nicht vorkommt.“

Aber nicht nur Amerika, sondern auch Europa steht im Fokus, was nicht sonderlich überrascht. Die Grünen-Europaabgeordnete Rebecca Harms fordert schon seit längerem für die EU strengere Testverfahren. Und die nicht in der Werkstatt, sondern während der Fahrt, ergänzt Autoexperte Gunnar Beer. Außerdem: Stichproben müssen her:

„Gebrauchtwagen einfach mal nehmen und ein paar Stichproben machen, ob die denn noch dem Zustand bei der Auslieferung abgastechnisch überhaupt entsprechen. Bei der 2jährigen Hauptuntersuchung wird nur reingeguckt in die elektrischen Systeme, ob da irgendwo ein Fehler hinterlegt ist, der abgasrelevant sein könnte. Wenn da kein Fehler hinterlegt ist, dann hat das Auto bestanden. Sagt aber noch nichts über die Qualität der Abgase aus.“
Langsam aber sicher weitet sich der Skandal sich aus. Welche Autofirmen ebenfalls manipuliert haben – Gunnar Beer will da nicht spekulieren. Er hält nur allgemein fest:

„Es ist ein leichtes, irgendwo etwas einzubauen, dass das Auto erkennt, dass es jetzt auf dem Prüfstand steht. Ob es dann getan wird oder nicht ist die Frage. Eigentlich ist verboten, eine Zykluserkennung einzubauen. Aber gut. Was technisch möglich ist, wird vielleicht dann auch gemacht.“