Flüchtlingspolitik ist politisches Risiko: Die Presseschau der Woche

Die Flüchtlingsdebatte war natürlich auch in dieser Woche das alles beherrschende Thema. Den ehemaligen grünen Spitzenpolitiker Joschka Fischer hat das dazu veranlasst in der Süddeutschen Zeitung einen Kommentar zu verfassen.

Weibliche Hände halten ein iPad und tippen darauf, im Hintergund liegen verschiedene Unterlagen.

„Das reiche Europa erlebt im heißen Sommer 2015 den Beginn einer großen Flüchtlingskrise – Beginn deshalb, weil die Fluchtursachen nicht so schnell verschwinden, sondern sich eher noch verstärken werden – und scheint dadurch politisch, moralisch und administrativ völlig überfordert zu sein. Die administrative Überforderung ist besonders beschämend, da es sich bei der EU nicht nur um eine der reichsten Wirtschaftszonen der Welt handelt, sondern weil die Mehrheit ihrer Mitglieder über große und hervorragend ausgestattete Sozialbürokratien verfügt. Diese Unfähigkeit bedeutet ein erhebliches politisches Risiko für die EU als Ganzes.“

Anschlag auf Thalys: Bizarre Debatte

Der Anschlag eines mutmaßlichen Islamisten auf einen Thalys-Zug hat in dieser Woche einen Autor der Frankfurter Allgemeinen Zeitung besonders beschäftigt. Er schreibt, auf EU-Ebene habe sich dazu eine teils bizarre Debatte entwickelt:

„Die Forderungen nach mehr Sicherheit im Bahnverkehr werden immer lauter – bis hin zu Szenarien, Bahnhöfe gleichsam in Flughäfen zu verwandeln. Theoretisch denkbar sei es etwa, Sicherheitskameras in Fernzüge einzubauen, bewaffnete Sicherheitsleute mitreisen zu lassen oder Zugpassagiere sowie deren Gepäck zu durchleuchten, wie ein EU-Experte am Dienstag erklärte. Technologien wie Scanner-Tunnel, durch die Passagiere laufen könnten, seien schon verfügbar oder würden derzeit entwickelt. Am 11. September, ausgerechnet am Jahrestag der Terroranschläge in den USA, ist nun ein Sondertreffen von Verkehrs- und Sicherheitsexperten der EU sowie Branchenvertretern geplant. Es bleibt zu hoffen, dass es bis dahin zu keinem weiteren Vorfall kommt, der blinden Aktionismus zur Folge haben könnte. Eine offene Gesellschaft braucht Bewegungsfreiheit wie die Luft zum Atmen. Diese Freiheit hat einen Preis: den Verzicht auf ein Stück Sicherheit. Zu diesem Preis könnte im Extremfall auch gehören, dass Radikale Menschen töten.“

Bier darf nicht „bekömmlich“ sein

Zum Schluss unserer Presseschau gibt es nun noch ein etwas leichteres Thema – obwohl, wenn man der EU glaubt wohl doch nicht. Dabei geht es jedenfalls um einen bizarren Streit um’s deutsche Bier und eine EU-Vorschrift:

„Eines Tages wird es noch so kommen, dass demjenigen ein Bußgeldbescheid droht, dem beim Zuprosten im Biergarten ein „Wohl bekomm’s!“ herausgerutscht ist. Denn hat er nicht gerade dazu aufgefordert, seine und die Gesundheit anderer zu ruinieren? Im Rechtsstreit einer schwäbischen Brauerei mit einem Verband namens „Sozialer Wettbewerb“ um das Wort „bekömmlich“ ging es genau darum: um eine EU-Verordnung, die verhindern soll, dass Getränke mit mehr als 1,2 Prozent Alkohol so beworben werden dürfen, als tue man beim Trinken etwas für seine Gesundheit. Das sei der Fall, urteilte jetzt ein Richter in Ravensburg, wenn die Brauerei behaupte, ihr Bier sei „bekömmlich“. Wirklich? Die meisten Biertrinker trinken Bier – übrigens wird schon sehr, sehr lange Bier getrunken –, weil es ihnen ganz offenbar gut bekommt. Und erst die EU öffnet ihnen jetzt die Augen dafür, dass Bier gar nicht bekömmlich ist, sondern schon immer lebensbedrohlich, weil gesundheitsschädlich war? Manchmal scheint es, als werde in Brüssel einfach zu viel (Bier?) getrunken.“
In diesem Sinne: Wohl bekomm’s!