Italienerin in Ungarn in Haft

Bilder, die Angeklagte in Ketten vor Gericht zeigen, kennen wir alle vor allem aus den USA. Doch eine junge Italienerin in Ketten, die wie ein Hund an der Kette in einen Gerichtssaal in Budapest geführt wird, wirkt befremdlich. Zwischen Italien und Ungarn sorgt der Fall der 39-jährigigen Ilaria Salis für diplomatische Verstimmung. Die Lehrerin ist in Ungarn im Gefängnis, weil sie im Februar letzten Jahres bei einer Demonstration Budapest zwei Neo-Nazis angegriffen und verletzt haben soll. Der Fall war jetzt auch Thema bei der täglichen Pressekonferenz der EU-Kommission. Auf die Frage, ob es mit EU-Werten und Standards vereinbar sei, in Ketten vorgeführt zu werden, war die Antwort:

Holger Winkelmann | Euranet Plus

„Es ist ein laufendes Verfahren. Und Haftfragen im Allgemeinen liegen in erster Linie in der Verantwortung der Mitgliedstaaten. Woran ich in einem breiteren Kontext erinnern kann, ist, dass die Kommission im Dezember 2022 Empfehlungen zu den Haftbedingungen für die Mitgliedstaaten vorgelegt hat. Zu einigen grundlegenden Mindeststandards und anderen Elementen.“

Die EU-Kommission hatte damit auch auf teils große Unterschiede bei den Haftbedingungen in den Mitgliedstaaten reagieren wollen. Justizkommissar Reynders war mit den Worten zitiert worden: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bescheinigt einigen Mitgliedstaaten untragbare Praktiken, unter anderem Fälle von unmenschlicher Behandlung und Verstöße gegen das Recht auf Freiheit und Sicherheit. In Ungarn wird Ilaria Salis die Zugehörigkeit zu einer linksextremen Organisation und versuchte Körperverletzung vorgeworfen. Das könnte ihr bis zu 11 Jahre Gefängnis einbringen. Salis selbst bestreitet die Vorwürfe. Der Prozess soll am 24. Mai beginnen. In Italien wurde eine Petition gestartet, damit Ilaria Salis zurückgeholt wird. Ihr Vater Roberto Salis hat den Euranet Plus-Kollegen von Radio24 gesagt. Auch die Art der Prozessführung sei skandalös.

„Der Prozess ist völlig verfälscht, die Staatsanwaltschaft hat keine übersetzten Dokumente vorgelegt, wie gesetzlich vorgeschrieben. Wir werden den Prozess sehen, aber jetzt müssen wir uns alle darauf konzentrieren, sie bitte nach Hause zu bringen. Hören Sie auf, zu appellieren. Über dieses Thema wurde viel geredet, aber jetzt brauchen wir jemanden, der die Ärmel hochkrempelt und die erforderlichen Ziele erreicht.“

Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hatte am Dienstag mit Ungarns Regierungschef Viktor Orban zu dem Fall telefoniert.