EU-Kommission zeichnet barrierefreie Städte aus

„Barrierefreiheit: Städte ab 50.000 Einwohnern können sich für EU-Preis bewerben.“ Damit überschreibt die EU-Kommission einen aktuellen Wettbewerb. Die EU-Kommission möchte Städte auszeichnen, die den Zugang für Menschen mit Behinderungen verbessert haben und kontinuierlich ausbauen. Und dabei geht es nicht nur um Menschen, die etwa im Rollstuhl sitzen. Für mich eine Gelegenheit, auch mal bei jemandem nachzufragen, der mit einer Einschränkung lebt.

Die offizielle Flagge der europäischen Union mit im Kreis angeordneten gelben Sternen auf dunkelblauem Grund

Holger, du hast eine Einschränkung. Welche?

Medizinisch nennt sich das „spastische Diplegie“ Ist also eine Schwerbehinderung die vor fast 49 Jahren durch Sauerstoffmangel bei der Geburt entstanden ist, so wie ganz viele Spastiken ganz generell.

Wie macht sich das für dich im täglichen Leben bemerkbar?

Also man muss sich das so vorstellen, das ich quasi auf Zehenspitzen laufe. Das kann jeder ohne diese Spastik ja mal fünf Minuten versuchen, ist anstrengend. Aber es schränkt mich jetzt nicht massiv ein. Marathonläufer werde ich nicht, aber Sightseeing-Touren durch die Großstädte der Welt sind jetzt auch nicht so ein großes Problem. Ab und zu falle ich einfach mal hin, aber da bin ich seit fast 50 Jahren Profi.

Du bist in der Welt schon ziemlich rumgekommen. Wie ist die Situation in Deutschland im Vergleich zur EU insgesamt, oder auch weltweit?

Also in Deutschland, sagen wir mal, wird es besser. Ich lebe aktuell in Paderborn, da hat sich die Bahn erst letztens damit gerühmt, jetzt an Gleis 5 auch einen Fahrstuhl zu bauen. Wenn ich sowas sehe, dann schwillt mir immer leicht der Kamm. Sowas ist natürlich längst überfällig. In meiner Heimatstadt musste der Behindertenbeirat 30 Jahre für Bahnhofsfahrstühle kämpfen. Ganz übel hingelegt hat es mich mal beim Aussteigen aus dem Zug. Da habe ich eine Stufe übersehen. Auch in dem Punkt gibt es noch viel zu tun – europaweit übrigens. Ganz wenig Gedanken macht man sich in Deutschland meiner Meinung nach über die Bedürfnisse von Rollstuhlfahrern. Etliche Orte und zum Beispiel Cafés sind für die nicht erreichbar. Anders unter anderem in Bilbao. Da habe ich auf einem Spielplatz sogar mal eine Schaukel für Rollstuhlfahrer gesehen. Gefühlt deutlich besser ist es auch in Holland,

Danke Holger. Die EU-Kommission will in diesem Jahr auch Städte auszeichnen, die sich im Zusammenhang mit dem Neuen Europäischen Bauhaus um Barrierefreiheit bemühen. Beim Neuen Europäischen Bauhaus, einem Aspekt des Green Deal, geht es um Nachhaltigkeit, Ästhetik und Inklusion.