Schulz-Wechsel war ein Fehler – Die Presseschau

EU-Parlaments-Präsident Martin Schulz wechselt in die Bundespolitik zurück. Lange wurde darüber spekuliert, diese Woche wurde es Tatsache und dazu gibt es durchaus unterschiedliche Meinungen. Ein Autor des Magazins Spiegel schreibt:

Presseschau

„Die Entscheidung ist richtig, auch wenn sie das Parlament als Ort europäischer Demokratie zumindest vordergründig schwächt. Europa wird um einen kantigen Politiker ärmer, einen, der die Bürger von der europäischen Idee begeistern konnte, der herausragte aus der zumeist blassen Beamtenriege, die die Geschicke der EU in Brüssel so oft bestimmt. Und dennoch: Schulz‘ Entscheidung, den monatelangen Machtkampf um seinen Verbleib in Brüssel zu beenden, war überfällig. Schulz‘ Feldzug für sich selbst hatte das Zeug, der EU zu schaden. Schulz drohte, genau die Errungenschaften zu beschädigen, für die er sich in Europa immer stark gemacht hat. Statt einer transparenten Nachfolgeentscheidung im Parlament wollten er und Kommissionschef Juncker eine weitere Amtszeit im kleinen Kreis ausklüngeln. Doch eine Entscheidung nach dem Vorbild der Auswahl Frank-Walter Steinmeiers als Bundespräsident wäre genau das Falsche für Europa gewesen. Es wäre ein Erfolg genau jener Hinterzimmerpolitik, nach der in Europa noch immer zu viel entschieden wird, und die Schulz – zu Recht – immer gegeißelt hat.“

Ganz anders sieht das der Chefredakteur der Bild. Er glaubt, dass der Schulz-Wechsel ein Fehler ist, zum Schaden aller:

„Der langjährige Präsident des Europa-Parlaments ist eine „Rampensau“ im besten Sinne. Einer der ganz wenigen, die mit dem spröden Thema „Europa“ einen Marktplatz rocken können. So einer wird in Brüssel mehr fehlen, als er in Berlin fehlen würde. Martin Schulz hätte es riskieren sollen in einer offenen Abstimmung über den nächsten Europa-Parlamentschef anzutreten. Ja, es gab eine Absprache unter Konservativen und Sozialisten, dass er sein Amt zum Jahreswechsel abgibt. Aber die ist mehr als zwei Jahre alt, und seitdem ist Europa in tiefe Krisen geschlittert wie kaum je zuvor. Viele stabile Konstruktionen gibt es derzeit nämlich nicht in Europa. Die „Große Koalition“ zwischen Schulz und Juncker war eine davon. Sie zu bewahren, wäre auch das offenkundige Risiko einer Abstimmungsniederlage wert gewesen – und erfrischend demokratisch dazu. In Berlin, vermutlich als Außenminister einer Großen Koalition in Vorwahl-Auflösung, wird Martin Schulz so wichtig wie manch‘ anderer auch. In Brüssel war er wertvoll.“

Mit einem ganz anderen Thema hat sich ein Autor des Westfalen Blatts befasst und zwar geht es um die Luftqualität in Europa. Das EU-Parlament hat in dieser Woche dafür gestimmt, den Ausstoß von Feinstaub bis 2030 noch drastischer zu reduzieren:

„Was die EU-Experten am Mittwoch vorgebracht haben , passt zu dem Ziel deutscher Länderregierungen, bis 2050 überhaupt keine Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren mehr in die Citys zu lassen. Aber selbst dieses ehrgeizige Ziel klingt noch viel zu weit weg, um all jenen, die heute leben, helfen zu können. Dass die Fachleute fast schon im gleichen Atemzug die Qualität der Gesundheitsfür- und -vorsorge kritisieren, weil sie in weiten Bereichen der EU nicht den Notwendigkeiten entsprechen, verdüstert das Bild zusätzlich. Die Botschaft lautet: Wir machen uns selber krank, haben dann aber nicht die Instrumente, um Behandlungen durchzuführen. Nun gehört das Thema Gesundheit nicht zu den Themen, für die Europa zuständig ist. Umso ernster darf man die vorgelegten Studien nehmen, weil sie frei von eigenen Interessen sind. Und weil sie mit ihren Forderungen nach mehr Investitionen in eine Versorgungsstruktur Recht haben, die Ursachen zu wirkungslos angeht und die Errungenschaften der Medizin nicht mehr für alle vorhält.“