Nach dem Brexit Referendum hat das Thema natürlich auch heute die politische Tagesordnung in Brüssel bestimmt.
Der frühere Londoner Bürgermeister und Brexit-Wortführer Boris Johnson geht davon aus, dass Großbritannien weiter vom europäischen Binnenmarkt und der Arbeitnehmerfreizügigkeit profitieren wird. Briten würden weiterhin in der Lage sein, in der EU zu reisen, zu arbeiten, Häuser zu kaufen und sich niederzulassen, schrieb Johnson in einem Gastbeitrag im «Daily Telegraph».
Auch der freie Zugang zum europäischen Binnenmarkt für Waren und Dienstleistungen werde nicht eingeschränkt, prophezeite Johnson, der
als Nachfolger des scheidenden Premierministers David Cameron gehandelt wird. Gleichzeitig werde Großbritannien aber wieder «demokratische Kontrolle über die Einwanderungspolitik übernehmen». Demnach soll ein «humanes Punktesystem, das an den Interessen von Handel und Industrie ausgerichtet ist», die Zuwanderung zum Vereinigten Königreich beschränken. Zudem werde eine substanzielle Geldsumme nicht mehr an Brüssel überwiesen, sondern komme etwa dem britischen Gesundheitssystem zu Gute. Großbritannien werde sich, wenn auch nur langsam, von der «unmäßigen und undurchsichtigen» Gesetzgebung der EU befreien, schrieb Johnson.
Kommission reagiert gereizt
Die Eu-Kommission selbst wollte die Ausführungen Johnsons nicht kommentieren. Auf die Frage eines Journalisten ob das Brexit Referendum nicht die Konsequenz haben müsse, das die EU-Kommission zurücktrete antworte ein Sprecher am Mittag:
„Ich möchte Ihre Erinnerungen auffrischen, dass die Kommission kein Referendum ausgerufen hat. Der, der Lösungen daraus erarbeiten muss, ist der, der das Referendum ausgerufen hat.“
Farage will Rede halten
Der Brexit-Wortführer und Rechtspopulist Nigel Farage wird nach Angaben aus dem Europaparlament morgen eine Rede halten. Es sei geplant, dass er bei der Parlaments-Sondersitzung zum britischen Referendum sprechen werde, teilte das Büro der stellvertretenden AfD-Bundesvorsitzenden Beatrix von Storch mit. Von Storch ist auch stellvertretende Vorsitzende der rechtspopulistischen EFDD-Fraktion im EU-Parlament, der auch die Ukip-Partei von Farage angehört. Die Abgeordneten kommen morgen um 10.00 Uhr in Brüssel zusammen, um über das britische Ja zum EU-Ausstieg zu beraten und eine Resolution dazu zu verabschieden. Zu der Sitzung wird auch EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker erwartet.
Sack: Antrag muß gestellt werden
In Deutschland wird darüber hinaus darüber diskutiert, ob die britische Regierung überhaupt den Austritt offiziell beantragen wird. Das ist Vorraussetzung für den Beginn von Austrittsverhandlungen. Der Bielefelder Politologe Detlev Sack sagte dazu im exklusiven Euranet Plus Interview:
„Ich glaube, dass der Antrag gestellt werden muß. Der Antrag muß gestellt werden, allein innerhalb von Großbritannien. Um durchaus klar zu zeigen: Das war jetzt ein Referendum, das ernst gemeint war.“
Nicht ausschließen wollte Sack allerdings ein zweites Referendum der Briten.