Zwangsehen im Flüchtlingslager

Es ist für uns hier in Europa nahezu unvorstellbar, dass Kinder gegen ihren Willen verheiratet werden. In vielen Ländern der Welt ist das aber gar nicht so ungewöhnlich. So hat die Flüchtlingskrise zum Beispiel die Zahl der Kinderehen drastisch ansteigen lassen. Vor allem in den Flüchtlingslagern im Libanon wurden viele Kinder aus Syrien zwangsverheiratet. Die Bundesregierung will künftig gegen im Ausland geschlossene Kinderehen vorgehen. Das fordern die SOS Kinderdörfer schon lange. Holger Winkelmann hat mehr.

Hochzeit_Brautstrauss

Die Zahlen sprechen für sich. Aktuell ist bei jeder zweiten syrischen Ehe mindestens ein Ehepartner unter 18 Jahren. Vor der Flüchtlingskrise waren es in Anführungsstrichen nur 13 Prozent. So unerklärlich diese Zahlen auf den ersten Blick für Westeuropäer sind, sie sind erklärbar. Für viele Syrer geht es darum, ihre Kinder in einer Ehe, vor allem in einem Flüchtlingslager beschützt zu wissen. Das kann auch Louay Yassin, Sprecher der SOS Kinderdörfer weltweit nachvollziehen. Er sagt aber auch.

„ Es kann natürlich trotzdem überhaupt nicht sein – ob Schutz oder nicht Schutz – das 13, 14, 15jährige an über 20jährige oder gar 30, 40, 50jährige verheiratet werden. Das darf nicht sein. Da muss Aufklärungsarbeit geleistet werden. Und es muss natürlich auch mit Verboten wie hier in Deutschland gearbeitet werden.“

Justizminister Heiko Maas erhält für sein Vorgehen also Unterstützung. Auch wenn er auf die Idee schon deutlich früher hätte kommen können. Auch die EU-Kommission kämpft seit langem gegen die Kinderehen in Europa, über dessen Ausmaß es keine konkreten Zahlen gibt. Auch wenn die allermeisten Ehen nicht in Deutschland geschlossen werden. Louay Yassin hebt trotzdem mahnend den Zeigefinger.

„Wir haben, die SOS Kinderdörfer weltweit haben, in Deutschland Anfang Januar eine große Petition gestartet, die schon über 100.000 Menschen unterzeichnet haben, wo es darum geht, dass unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und Flüchtlingsfamilien mit kleinen Kindern in Massenunterkünften auch bei uns in Deutschland überhaupt nichts verloren haben. Weil, diese Kinder sind gefährdet.“

Es besteht also schneller Handlungsbedarf – auch in Deutschland.