Noch kein Grund für Entwarnung – Presseschau

Es war eine gute Nachricht vergangenes Wochenende, für Österreich und ganz Europa. Der rechtspopulistische Bundespräsidenten-Kandidat Norbert Hofer ist gescheitert. Ein Autor des Spiegel meint, das sei aber noch kein Grund für Entwarnung:

Presseschau

„Für Österreich bedeutet die Niederlage Hofers nämlich noch lange nicht, dass sich die FPÖ auf dem Abstieg befindet. Ein Sieg ihres Kandidaten hätte die Partei zwar enorm beflügelt. Aber selbst diesen Rückschlag bei der Stichwahl wird die FPÖ propagandistisch für sich zu nutzen wissen: Schließlich stimmten mehr als 45 Prozent für Hofer. Das ist ein enorm hoher Wert, der Parteichef Heinz-Christian Strache Mut für sein eigentliches Ziel machen dürfte. Strache will nächster Kanzler Österreichs werden, in Umfragen liegt seine Partei schon seit Monaten klar vor Sozialdemokraten und Konservativen. Auch für Europa und die EU bringt Van der Bellens Sieg nur vorübergehend Ruhe. Was, wenn im März kommenden Jahres der Rechtspopulist Geert Wilders bei den Wahlen in den Niederlanden triumphiert? Oder wenn wenige Wochen später Front-National-Chefin Marine Le Pen Präsidentin Frankreichs wird und ihre Bürger über einen EU-Austritt abstimmen lässt?“

Matteo Renzi ist mit seinem Referndum in Italien gescheitert. Das war die schlechte Nachricht nach dem vergangenen Wochenende. Die EU trifft daran aber keine Schuld, befindet Bild-Chefredakteur Nikolaus Blome:

„Ein agiler, halbwegs reform-orientierter, nicht korrupter Ministerpräsident ist das Opfer seiner Eitelkeit geworden – und wird mit der krachenden Niederlage sein Land vermutlich auf Jahre hinaus an wichtigen Fortschritten hindern. Italiens Politik bleibt sklerotisch wie flatterhaft. Die Wirtschaft wird weiteres Vertrauen verlieren, die (jungen) Italiener erst recht. Und, na klar, so gehen viele Kommentare und die Jubelgesänge der Europa-Gegner: An allem ist Europa schuld. Nein, es war nicht Europa, es war nicht die EU. Matteo Renzi war’s. Natürlich steckt im Votum der Italiener ein gewisses Maß Anti-Establishment, Anti-Globalisierung und, ja, Anti-EU. Doch Renzi wollte die eminent wichtige Verfassungsreform zu seinem persönlichen Triumph machen. Er hat die überfällige Entschlackung der politischen Verfahren zu einer Abstimmung über sich selbst erklärt – und prompt wechselten auch jene Teile der Opposition ins „Nein“-Lager, die gegen die Verfassungsänderung allein gar nichts hatten. Aber die Regierung stürzen wollten. Den Schaden haben Renzi, sein Land – und die EU. Aber Schuld hat die EU nicht.“

Ein Autor des Westfalen Blatts hat sich einmal wieder mit der Flüchtlingssituation befasst. Er resümiert, dass sich mit der Zeit nichts geändert hat, sondern die Haltung in der EU nur noch härter geworden ist:

„Griechenland soll innerhalb der nächsten dreieinhalb Monate einen Zustand schaffen, der die menschenwürdige Aufnahme der Hilfesuchenden und die Bearbeitung der Asylanfragen inklusive rechtsstaatlicher Garantien sicherstellt. Woher dieser Qualitätssprung der hellenischen Auffanglager kommen soll, ist offen. Aber die EU hat ein Druckmittel gegen Athen in der Hand: Sollte das Land den Stichtag nicht schaffen, fliegt es für zunächst ein Jahr aus dem Schengen-Raum. Nein, das hat nichts mit Normalität zu tun. Es ist die bittere Realität dieser nur vermeintlich solidarischen Völkerfamilie, die sich darauf ausruht, dass die einen in Schwierigkeiten ertrinken, während einige andere so tun, als ginge sie das Problem nichts an.“