Über dieses Thema lässt sich wunderbar streiten: sind Whistleblower Helden oder Verräter? Der wohl bekannteste Aufdecker Edward Snowden musste nach Russland fliehen – 21 Länder haben seine Asylanträge bisher abgelehnt oder erst gar nicht beantwortet. Im Prozess um die so genannten Lux-Leaks geht es aktuell drei anderen Whistleblowern an den Kragen. Sie hatten die Steuer-Rabatte für Großkonzerne in Luxemburg öffentlich gemacht. Joris Gräßlin berichtet.
Die Bilder sind für Menschenrechtler wie Jörg Haas von Campact nur schwer erträglich. Zwei ehemalige Mitarbeiter einer Unternehmensberatung und ein Journalist müssen sich aktuell vor einem Gericht in Luxemburg verantworten. Die Vorwürfe unter anderem: Diebstahl, illegaler Zugriff auf ein Computersystem, Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen und Bruch der beruflichen Schweigepflicht.
„Das ist natürlich eigentlich ein Skandal, dass diejenigen, die einen Missstand aufdecken, verfolgt werden und nicht diejenigen, die für den Missstand verantwortlich sind. Also Herr Juncker ist für diese praktisch legale Steuerhinterziehung in seiner Amtszeit verantwortlich und er wird jetzt Kommissionspräsident – aber derjenige, der uns Einsicht verschafft hat, der wird jetzt vor Gericht gestellt. Das ist ein absoluter Skandal!“
Schon vor einem Jahr hatte das EU Parlament die drei Angeklagten angehört, jetzt also geht es für sie vor Gericht um eine Gefängnisstrafe. Zehn Jahre Haft und eine Geldstrafe halten Prozessbeobachter durchaus für möglich. Aber: müsste sich die EU nicht eigentlich viel mehr für Whistleblower einsetzen? Betont sie nicht immer wieder den Wert von Menschenrechten? Fragen, die sich nicht nur die Demokratie-Aktivisten von Campact laut stellen. Sprecher Jörg Haas fordert ein Umdenken der EU.
„Grundsätzlich würde ich sagen: sofern ein Whistleblower nicht um des eigenen Nutzen willens, sondern zur Aufdeckung eines öffentlichen Missstandes ein Geheimnis öffentlich macht, dann sollte er meines Erachtens Straffreiheit genießen und nicht verfolgt werden, weil er tatsächlich etwas im Dienste der Allgemeinheit tut.“
Doch das Gegenteil ist der Fall. Die EU Kommission arbeitet derzeit an einer neuen Richtlinie, laut der Unternehmen jeden Vorgang einfach zum Geschäftsgeheimnis erklären können. Jede Veröffentlichung durch Mitarbeiter oder Journalisten wäre dann strafbar.
Whistleblower haben einen schweren Stand in diesen Tagen. Im Prozess gegen die Lux-Leak- Enthüller hört das Gericht aktuell weiter Zeugen an, auch die drei Angeklagten haben sich bereits geäußert und ihre Unschuld beteuert. Die Beweisaufnahme in Luxemburg endet morgen. Das Urteil wird aber erst in einigen Wochen erwartet.