Bundesfinanzminister Schäuble hat in der vergangenen Woche für Aufsehen gesorgt. In einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hieß es, er wolle die EU-Kommission entmachten, indem sie ihre eigentliche Aufgabe als Hüterin der EU-Verträge von den immer stärkeren politischen Aktivitäten trennen solle. Zwar dementierte das Ministerium, was das Wort „entmachten“ angeht – ein Auto der FAZ hält die Diskussion dennoch für überfällig: „Wolfgang Schäuble hat recht: Der Anspruch von Behördenchef Jean-Claude Juncker, eben keine Behörde, sondern ein politisches Gremium zu führen, hat Rückwirkungen auf die Gewaltenteilung in der EU. Als Hüterin der Verträge hat die Kommission die Aufgabe, sich um die Durchsetzung allgemeiner Regeln zu kümmern. Als EU-Regierung handelt sie gerade nicht regelgebunden, sondern diskretionär. Der Doppelhut, den sie sich besonders unter Juncker aufgesetzt hat, war so nie vorgesehen. Die Idee, dass etwa der Wettbewerbsschutz dem Zugriff der Politik entzogen sein sollte, hat auf nationaler Ebene zu unabhängigen Kartellämtern geführt. Auf der EU-Ebene war diese Unterscheidung lange Zeit unnötig, weil die Kommission fast ausschließlich für solche „unpolitischen“ Aufgaben zuständig war. Ob sie gleichzeitig politisch und unpolitisch agieren kann, ist wahrlich keine triviale Frage. Die beleidigte Reaktion der Kommission auf Schäuble belegt jedenfalls, dass dieser einen wunden Punkt getroffen hat.“
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Ein Autor der Süddeutschen Zeitung hat in dieser Woche einen Kommentar zur allgemeinen Lage in der EU veröffentlicht. Seit Fazit lautet: Das Lebensgefühl der EU-Bürger klafft seit der Krise immer weiter auseinander. Die wirtschaftliche Ungleichheit gefährde den Zusammenhalt: „Der jüngsten Ausgabe des Eurobarometers ist zu entnehmen, dass 86 Prozent der Deutschen die wirtschaftliche Lage in ihrem Land als gut empfinden. In Italien, Portugal und Spanien liegt dieser Wert bei zehn Prozent oder darunter. Griechenland bildet wenig überraschend mit drei Prozent den Schluss; Frankreich steht mit 13 Prozent besser da als in den Vorjahren, aber immer noch miserabel. Auf dieser Europakarte geht ein Riss durch die Union, der zum Teil noch tiefer ist als beim Vergleich der harten Daten wie Wirtschaftskraft oder Arbeitslosenquote. Die Karte zeigt, dass die Bürger in einer EU leben, aber in verschiedenen Welten. Die Kluft kann und wird nie ganz verschwinden. In der EU ist aber relativ unumstritten, dass sie deutlich kleiner werden muss, wenn das europäische Projekt Bestand haben soll.“
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Die Flüchtlingssituation am Eurotunnel hat in dieser Woche viele Schlagzeilen gemacht. Immer wieder versuchen verzweifelte Menschen per LKW oder sogar zu Fuß nach Großbritannien zu kommen. Es hat schon Tote gegeben. Die TAZ wirft Frankreich und den Briten eine „perverse Politik“ vor: „Großbritannien und Frankreich investieren ein paar zusätzliche Millionen in die verstärkte Sicherung der Zugänge zum Eurotunnel unter dem Ärmelkanal. Auf beiden Seiten weiß man, dass auch das die Migranten keineswegs vom Versuch einer illegalen Überquerung abhalten wird. Der Zynismus an beiden Ufern des Ärmelkanals erreicht nun einen neuen Höhepunkt. Offiziell machen französische Polizisten Jagd auf die Flüchtlinge, die versuchen, den Ärmelkanal als blinde Passagiere zu überqueren. Den Behörden bleibt nichts anderes übrig, als ein Flüchtlingslager mit rund 3.000 Menschen in der Nähe der Stadt Calais und nur ein paar hundert Meter vom Eurotunnel entfernt zu dulden. Die Briten protestieren zwar gegen den zunehmenden Ansturm von Flüchtlingen, doch ihre Wirtschaft profitiert schamlos von den billigen Schwarzarbeitern und der Selektion am Kanal: denn nur den Besten und Stärksten gelingt die illegale Einreise.“