Spitzenkandidat?

Wir alle können mit dem Begriff „Spitzenkandidat“ ja grundsätzlich, rein sprachlich, erstmal was anfangen. Doch wenn dieser Begriff in die Nähe der EU und der Europawahl gerückt wird, wird es schon schwieriger. Denn wer Spitzenkandidat für was, welche Partei, und warum überhaupt ist, da wird es dann deutlich komplizierter. Mit diesen und anderen Problemen sind wir nicht allein. Deshalb fängt Claudia Knoppke nochmal von vorne an.

Blick von der Straße auf das Gebäude der EU-Kommission in Brüssel, Eu-Flaggen wehen vor dem Gebäude.

Die Idee des Spitzenkandidaten ist schon irgendwann in den 1990ziger Jahren geboren. Zum Einsatz kam sie aber erst vor fünf Jahren zur Europawahl 2014. Sinn und Zweck der Übung sollte sein, den Top-Kandidaten zur Europawahl ein Gesicht zu geben. Denn der beste, sprich „stimmgewaltigste“ Spitzenkandidat wird ja auch Chef oder Chefin der EU-Kommission. Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz findet es volksnah und demokratisch.

„Von mir ein klares Ja zum Prozess des Spitzenkandidaten. Auch ein Akzeptieren der Entscheidung der Bevölkerung.“

Doch kennt die Bevölkerung die Spitzenkandidaten überhaupt? Die Namen heute sind Manfred Weber, Europäische Volkspartei, Ska Keller, Grüne, Frans Timmermans, Sozialisten, Margrethe Vestager, Liberale, Nico Cué, Linke, Jan Zahradil, Konservative und Reformer. Das sind die Namen für ganz Europa. Davon kennen die meisten von uns vielleicht ein oder zwei Namen. Eher weniger. Das zeigen auch Umfragen. Luxemburgs Regierungschef Xavier Bettel meint deshalb als ein Kritiker, es sei ein Konstrukt für die Parteien, und vielleicht auch noch für Journalisten. Denn ohne EUweite Wahllisten könne man Spitzenkandidaten auch nicht wirklich wählen…

Die sind nirgendwo Kandidaten, und ich bin der Überzeugung, wenn wir transnationale Listen, und die Spitzenkandidaten in den verschiedenen Ländern dann auch Kandidaten sind, über Spitzenkandidaten auch reden.“

Der rumänische Präsident Klaus Iohannis findet das Prinzip grundsätzlich gut. Er meint aber, die EU und die Menschen sind auseinandergedriftet und müssten wieder näher zusammengebracht werden, auch durch die direkte Wahl der Spitzen für die EU-Institutionen.

„…Sei es den Präsidenten des Europäischen Rates, sei es den Kommissionspräsidenten, dann erst hätten wir wirklich einen Spitzenkandidaten, den der Europäer wählt, und weiß, wenn der gewinnt, dann ist er da.“