Barrierefreies Wahlrecht

In Europa wird in der Zeit vom 23. bis zum 26. Mai ein neues EU-Parlament gewählt. Das haben wir jetzt schon ziemlich oft gehört. Was wir noch nicht so oft gehört haben ist, dass es nach Schätzungen 800.000 Menschen in 16 EU-Staaten gibt, die wegen ihrer Behinderung oder psychischen Erkrankungen rein rechtlich nicht wählen können. Es sind schätzungsweise sogar Millionen Menschen, die wegen technischer Barrieren nicht oder nicht vollständig ihr Wahlrecht ausüben können. Claudia Knoppke über Forderungen für ein barrierefreies Wahlrecht für alle Wahlberechtigten in der EU.

Alle volljährigen Europäer haben das Recht, zu wählen. Doch viele nationale Begebenheiten machen es schwierig bis unmöglich, dieses Wahlrecht auch auszuüben. Krysztof Pater ist der zuständige Berichterstatter im EU Wirtschafts- und Sozialausschuss. Er kommt in seinem jüngsten Bericht zur Situation in 27 EU-Ländern zu dem Ergebnis: in keinem Mitgliedstaat ist die Situation perfekt.

„In jedem dieser Länder gibt es entweder rechtliche, technische oder organisatorische Regelungen, die Bürger mit Behinderungen von der Wahl zum EU-Parlament ausschließen.“

Es gibt alleine 11 Staaten, in denen Menschen mit psychischen und geistigen Erkrankungen per Gesetz von der Wahl ausgeschlossen sind, in 9 Staaten sind Menschen, die in Betreuung oder Vormundschaft sind, automatisch raus, und in sieben Ländern braucht es eine richterliche Entscheidung, ob die Person ihr Wahlrecht ausüben darf.

„Und was technische Barrieren angeht: keine ausreichenden Informationen, oder keine leicht verständlichen Informationen, oder in den Wahllokalen gibt es keine Gebärdendolmetscher…“

Doch auch Menschen mit Sehbehinderungen, Gehbehinderungen, Schreibbehinderungen und anderen Einschränkungen haben nicht automatisch die Möglichkeit, ihr Wahlrecht auszuüben. Denn, auch das sagt Krysztof Pater, eine Rampe für Rollstühle macht ein Wahllokal noch lange nicht barrierefrei.

„Kein Mitgliedstaat hat eine gesetzliche Regelung für Basisstandards in Wahllokalen.“

Und wenn wir die guten Einzelbeispiel aller EU-Staaten zu einer Grundsituation zusammenfassen würden, wäre schon allen sehr viel geholfen, meint Krysztof Pater.