Mit einer Stimme haben wir Autorität

Gefühlt beinahe täglich gibt es ja Diskussionen darüber, wie die Zukunft der EU aussieht. Gerade der Brexit und die Flüchtlingskrise haben gezeigt, wie zerbrechlich dieses einst so stabile Gebilde mittlerweile ist. Was also wäre zu tun? Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger hat sich auf Einladung der deutschen Vertretung der EU-Kommission in Berlin jetzt so seine Gedanken gemacht. Holger Winkelmann hat ihm zugehört.

© European Union , 2016 / Source: EC - Audiovisual Service / Photo: François Walschaerts

Gunther Oettinger

Wer Günther Oettinger zuhört, der erkennt schnell, dass ihm die EU am Herzen liegt. Natürlich ist eine der größten Herausforderungen wenn nicht sogar die größte, auch für ihn die Bewältigung der Flüchtlingskrise. Das, da ist er ganz auf der Linie von Angela Merkel oder EU-Urgestein Elmar Brok, gelingt am besten, wenn man die Fluchtursachen bekämpft. Die Ursachen selbst, die sind dabei allen eigentlich klar. Um das zu schaffen ist für Oettinger aber auch vor allem eines klar: Die EU muss mit einer Stimme sprechen – nicht nur beim Flüchtlingsthema.

„Wenn sie mit Ägypten über Industrieansiedlungen und Arbeitsplätze sprechen wollen, und sie haben 28 Regierungsmaschinen im Luftraum, von jedem Mitgliedstaat einen Minister, dann haben Sie Chaos oben und im Sitzungssaal Stimmengewirr. Wenn ein Europäer, Frau Mogherini, Herr Tusk, Herr Juncker das im europäischen Auftrag macht, haben wir Autorität.“

Autorität wäre gut – Selbstbewusstsein natürlich auch. Das muss sich für Oettinger auch in anderen Bereichen widerspiegeln. Er – als Haushaltskommissar – will auch, dass Wirtschaft und Innovation gesamteuropäischen angegangen werden. Dafür nennt er ein praktisches Beispiel.

„In den 1980ern standen sieben der zehn leistungsfähigsten Großrechner der Welt in Europa. Heute haben wir auf Platz 8 ETH Zürich, Platz 11 Stuttgart, dann irgendwann Jülich, Garching. Wir fallen in die zweite Liga zurück, aber wir brauchen auch keine 28 Supercomputer.“

28 – bald 27 unterschiedliche Länder die sich in vielen Dingen nicht einigen können. Wer da noch von der Erweiterung der EU spricht, der ist auf den ersten Blick für viele nicht ganz bei Trost. Günther Oettinger sieht das anders. Er setzt sich dafür ein, zum Beispiel weitere Länder auf dem Balkan in die EU aufzunehmen. Denn:

„Mancher sagt sich: brauchen wir eigentlich nicht. Ein bisschen Dubrovnik Weltkulturerbe ein bisschen Split und Urlaub am Strand, ein bisschen Cevapcici ein bisschen Sliwowitz, das reicht. Nein, das reicht nicht.“

Ob gerade bei diesem Thema aber Einigkeit hergestellt werden kann? Momentan zumindest scheint das völlig unwahrscheinlich.