Oettinger vor seiner Fragestunde im Parlament

Bei RTL lief vor ein paar Wochen eine Wiederauflage der Sendung „Der heiße Stuhl“. Die Kritik danach war vernichtend. Davon ab – unfair war die Sendung ja auch früher. Einer muss sich gegen viele verteidigen. In Brüssel ist das heute ähnlich. Heute Abend sitzt der deutsche Kommissar Günther Oettinger vor vielen Abgeordneten im EU-Parlament und muss Fragen beantworten. Oettinger ist seit Januar vom Digitalkommissar zum Haushaltskommissar aufgestiegen. Und obwohl Kommissionschef Juncker einfach schon mal entschieden hat, muss Oettinger sich regelkonform den Fragen stellen.

Bild aus der Froschperspektive durch wehende Fahnen hindurch auf das Gebäude des Europaparlaments in Brüssel.

Die Frage, die Kabarettistin Hazel Brugger vor kurzem Günther Oettinger für die ZDF Heute-Show gestellt hat, wird sich heute Abend wohl niemand trauen zu stellen: „Herr Oettinger, wie sortieren sie die folgenden Ereignisse nach Katastrophengrad für die EU? Erstens: Donald Trumps Präsidentschaft. Zweitens: der Brexit. Und Drittens: Günther Oettinger?“

Aber leicht wird die Fragestunde für den Kommissar wohl trotzdem nicht. Denn Günther Oettinger hat sich in letzter Zeit mit einigen Aussagen und Handlungen – sagen wir es zurückhaltend – nicht mit Ruhm bekleckert. Ein Grund ist eine Rede, die Oettinger in Hamburg gehalten hatte. Der EU-Kommissar bezeichnete dabei Chinesen als Schlitzaugen, sprach von einer Pflicht-Homoehe. Organisationen wie Transparency International und Lesben- und Schwulenverbände kritisieren, dass Oettinger jetzt trotzdem für das Personalwesen der EU-Kommission zuständig ist. Für diese Aufgabe sei er nicht geeignet, schrieben sie in der vergangenen Woche in einem gemeinsamen Brief. Wieder andere, wie Parteikollegin und EU-Abgeordnete Inge Gräßle sehen den Fall Oettinger nicht so dramatisch: „Also ich muss schon sagen, man fragt sich ja allmählich wo man ist.“ Denn aus ihrer Sicht hat er sich ausreichend für seine Ausrutscher entschuldigt: „Was soll er denn noch machen?“

Was an dem neuen Amt für Oettinger ändern wird der Ausgang der Fragestunde sowieso nicht. Schließlich ist Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit der Ernennung Oettingers einfach mal so vorgeprescht, ohne die Fragestunde abzuwarten. Das sorgt ebenfalls für viel Kritik. Unter dem Strich bleibt aber eines: Günther Oettinger ist und bleibt Haushaltskommissar – egal wie heiß der Stuhl wird, auf dem er heute sitzt.