Schockstarre nach Urteil

Das könnte ein Urteil mit weitreichenden Folgen für uns alle werden. Der Europäische Gerichtshof hat die deutsche Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente gekippt. Die Regelung könne Anbietern aus anderen EU-Ländern den Zugang zum deutschen Markt erschweren. Dadurch sei ein Wettbewerb quasi nicht möglich, so die Begründung. Die deutschen Apotheker sind in Schockstarre. Holger Winkelmann berichtet:

Das typische "A" von deutschen Apotheken, als Werbeschild an einer Hausfassade.

„Aus unserer Sicht ist dieses Urteil ein Tiefschlag für den Verbraucher- und Patientenschutz in unserem Lande“

Der Sprecher der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, Michael Schmitz findet klare Worte. Auch wenn ihn die Entscheidung nicht völlig unvorbereitet trifft, weil das Urteil schon erwartet worden war, sitzt der Schock tief.

„Das heißt jetzt für die Apotheken bei uns in Westfalen Lippe konkret, das ausländische Versender sie preislich unterbieten können, ohne das andere Apotheker mit eigenen Aktionen darauf reagieren können.“

Denn, die Preisbindung für die deutschen Apotheken gilt weiterhin. Das hat der deutsche Gesetzgeber so festgelegt.

„Die deutschen Apotheker müssen sich, das ist ganz klar, an die geltenden Vorgaben zum Preisrecht halten. Und Apothekern die dagegen verstoßen würden sehr teure Wettbewerbs- und berufsrechtliche Verfahren drohen.“

Jetzt gibt es demnach für Michael Schmitz zwei Möglichkeiten. Entweder man lässt auch die Vorgaben für deutsche Apotheker fallen und sorgt damit für mehr Wettbewerb. Das Bundesgesundheitsministerium hat heute bereits angekündigt, das zu prüfen. Dies, so befürchtet der Verband allerdings, würde zum Apothekensterben auf dem Land führen, weil sich nur noch dort Apotheken ansiedeln, wo viele potentielle Patienten sind, also in Ballungsräumen. In ländlichen Gebieten könnte eine Ansiedlung, das haben auch die Richter am EuGH heute betont, zu höheren Preisen von Medikamenten führen. Oder, um das zu verhindern, hat die Apothekerkammer eine ganz andere Forderung.

„Wir fordern konkret, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln komplett zu untersagen. Das wäre mit dem Europarecht kompatibel, das hat der EUGH schon im Jahr 2003 entschieden. Dann wäre ein Versandhandel, so wie beispielsweise in Österreich, nur noch eingeschränkt möglich, und würde sich auf den nicht verschreibungspflichtigen Bereich beschränken.“

Der EuGH hat heute die Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente gekippt. Das Bundesgesundheitsministerium prüft noch, wie es darauf reagieren will.