„Europa vereinsamt“ – Die Presseschau

Ein Autor der Neuen Osnabrücker Zeitung macht sich Gedanken um Europas Rolle in Sachen Türkei. Er ist der Meinung: die EU sei einsam in diesen Tagen, denn sie müsse Präsident Erdogan machtlos zuschauen:

Presseschau

„Die EU verweist trotzig darauf, dass sie als Wirtschaftspartner für die Türken wichtiger sei als umgekehrt. Mag sein – muss ja aber so nicht bleiben. Die Türkei als Brücke von Asien nach Afrika und mit ihrer kulturellen Nähe zum arabischen Raum: Im Vergleich zu einer solchen dynamischen Plattform wirkt die EU ein wenig von gestern, nicht erst, seit ihr Großbritannien abhandenzukommen scheint. Nicht mal beim Freihandel mit Nordamerika mögen die EU-Staaten mitziehen. Von Russland wollen sie auch nichts wissen und blockieren sich selbst mit ihren Sanktionen. Europa vereinsamt. Gut möglich also, dass die Türkei mit ihrer radikalen, wirtschaftsliberalen Ausrichtung und ihren globalen Verbindungen in einigen Jahren besser dasteht, als man derzeit meinen würde – ebenso wie die Briten, im Übrigen. Das wäre anders gekommen, hätte Europa Ankara nicht 20 Jahre lang hingehalten. Auf ein damals deutliches Streben nach Demokratie und Stärkung der Bürgerrechte antwortete gerade auch Deutschland mit Ablehnung.“

Ähnlicher Meinung ist auch ein Autor der Zeitung „die Zeit“:die EU hat Erdogan zurzeit nichts entgegenzusetzen. Das habe unter anderem damit zu tun, dass auch in Frankreich seit Monaten der Ausnahmezustand verhängt sei:

„Einhellig (und völlig zurecht) haben die Regierungen Europas den Putschversuch noch während er lief verurteilt. Nun rufen sie dem diktatorisch anmutenden Präsidenten ein entschiedenes „Ja, aber“ zu. Erdoğans Antwort auf diese Mahnungen zur Verhältnismäßigkeit mit dem Verweis auf Frankreich lautete: Europa ist auch nicht besser. …Die noch größere Legitimität für sein Vorgehen zieht der Präsident aus der Unterstützung der Mehrheit der türkischen Bevölkerung. Für die EU und ihre Mitgliedstaaten ist eine Situation entstanden, in der sie aus ihrer Sicht nur zwischen schlechten und weniger schlechten Optionen wählen kann. Um eine Zusammenarbeit mit der türkischen Regierung kommt die EU nicht herum. Sie kann sie natürlich auf das notwendige Minimum reduzieren und der Türkei die Beitrittsperspektive versperren. Doch zum einen ist fraglich, ob Erdoğan daran überhaupt ein Interesse hat. Zum anderen müssen sich Europas Regierungen fragen, ob sie die Türkei in Europa isolieren und somit in die Arme möglicher neuer Partner wie dem russischen Präsidenten treiben wollen.“

In dieser Woche fiel die Entscheidung: Die EU will den Milchbauern noch mehr helfen. Aber sie will auch die Produktion einschränken. Eine Autorin des Westfalen Blatts meint:

„500 Millionen Euro – das klingt, als ließe sich die Europäische Union bei ihrem Vorhaben, den Landwirten zur Seite zu springen, nicht lumpen. Rechnet man das Ergebnis des Milchgipfels aber bis zum Ende, dann bleibt für den durchschnittlich betroffenen Landwirt nur so viel Geld, um den Verlust einer einzigen Woche abzudecken. Lebensmittel sind nur bedingt mit industriellen Produkten vergleichbar. Gesät wird Monate vor der Ernte, gezeugt und gefüttert lange vor der ersten Milch oder dem Schlachttermin. Andererseits können Menschen vielleicht ohne Handy, aber bestimmt nicht ohne Nahrung leben. Deshalb ist eine gewisse staatliche Fürsorge für den Erzeuger berechtigt. Freilich können Subventionen das Problem nicht lösen. Bekanntermaßen möchte kaum ein Landwirt die Milchquote zurückhaben. Dennoch wird die Branche um eine Reduzierung der Erzeugermenge nicht herum kommen. Einiges ist in jüngster Zeit schon auf freiwilligem Weg passiert. Aber es reicht nicht. Besser die Bauern einigen sich untereinander.“