Alles Böhmermann? Der Wochenrückblick

Der Fall Böhmermann hat inzwischen auch das EU-Parlament erreicht. In einer Debatte in dieser Woche ging es im Kern um den EU-Türkei-Deal zur Flüchtlingsaufnahme, doch immer wieder kamen die Politiker auf den deutschen Skandal zu sprechen. Auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker:

„Ich kann es überhaupt nicht nachvollziehen, dass ein deutscher Botschafter wegen eines zugebenermaßen unmöglichen satirischen Liedes einbestellt wird. Das bringt die Türkei nicht näher an uns heran, sondern entfernt uns voneinander.“

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Der Vorsitzende der Konservativen im Parlament Manfred Weber richtete sich in seiner Rede direkt an den türkischen Ministerpräsidenten Erdogan, der wegen eines Schmähgedichtes gegen Böhmermann Strafanzeige erstattet hat:

„Sie müssen Meinungs- und Pressefreiheit und Minderheitenrechte respektieren, sonst haben sie nicht verstanden, was Europa bedeutet. Und aus aktuellem Anlass sage ich auch dazu: Das gilt auch für die Meinung-und Pressefreiheit und die künstlerische Freiheit in Europa. Wir erwarten von Erdogan Respekt gegenüber diesen Werten.“

Guy Verhofstadt, Vorsitzender der Liberalen im Parlament, sieht einen klaren Zusammenhang zwischen der EU-Türkei-Vereinbarung und dem Fall Böhmermann:

„Wir haben versucht unsere Probleme outzusourcen, an einem autokratischen Führer, an Herrn Erdogan. Und was macht der? Er hat die deutsche Regierung angewiesen, Jan Böhmermann wegen eines satirischen Gedichts strafrechtlich zu verfolgen. Aber in einer freien Gesellschaft muss so ein satirisches Gedicht möglich sein! Wir haben Erdogan bereits die Schlüssel zu den Toren Europas gegeben und jetzt laufen wir Gefahr, ihm auch noch die Schlüssel zu unseren Redaktionen auszuhändigen.“

Merkwürdige Partner in der Flüchtlingskrise

Die EU lässt sich in der Flüchtlingskrise offenbar auf Partner ein, die wahrscheinlich für noch mehr Zündstoff sorgen. Medienberichten zufolge gibt es geheime Papiere, in denen Kooperationen mit Gewaltherrschern in Ostafrika vorgeschlagen werden. Dabei geht es um Rückführung von Migranten und im Gegenzug u.a. um Visaerleichterungen für Diplomaten. Hoch fragwürdige Zusammenarbeit: Denn Sudans Präsident Al-Baschir beispielsweise wird wegen Völkermords und Verbrechen gegen die Menschlichkeit per internationalem Haftbefehl gesucht. Und die humanitäre Situation in Äthiopien gilt als katastrophal.

Mehr Schutz im Internet

Mehr Schutz im Internet für Europas Bürger. Das EU-Parlament hat in dieser Woche die neuen Datenschutzregeln verabschiedet. Das bedeutet auch: In der gesamten EU gelten einheitliche Regeln. Monika Olszewski vom Europäischen Radionetzwerk Euranet Plus, was ändert sich für uns?

„Wir bekommen mehr Kontrolle. Zum Beispiel über unsere persönlichen Daten im Netz. Internetkonzerne wie Google, Facebook oder Amazon müssen dann die Zustimmung der Nutzer ausdrücklich einholen, wenn sie persönliche Daten nutzen wollen. Außerdem sollen wir in Zukunft unsere Daten, soweit möglich, löschen lassen können.“

Auch zur umstrittenen Fluggastdatenspeicherung wurde im EU-Parlament abgestimmt. Worum geht es da?

„Die jüngsten Terror-Anschläge haben jetzt beschleunigt, dass in Zukunft Fluggastdaten für fünf Jahre gespeichert werden. Dazu gehören dann Infos wie Namen, Kreditkartennummern oder Essenswünsche. Kritiker sind aber skeptisch. Sie glauben nicht, dass das Speichern von Fluggastdaten Anschläge verhindert.“