Presseschau: „Türkei-Deal ist das richtige Signal“

Die Bewältigung der Flüchtlingskrise ist weiter DAS Thema der EU. In dieser Woche war es vor allem der in Kraft getretene Deal mit der Türkei. Von der griechischen Insel Lesbos wurden die ersten Flüchtlinge zurück in die Türkei gebracht. Darüber hat sich ein Autor des „Spiegel“ seine Gedanken gemacht:

 

Presseschau

„Es ist das richtige Signal. Es bedeutet: Wer illegal übers Meer kommt, der hat künftig kaum Chancen, in Europa zu bleiben. Kritiker mögen dies als europäischen Festungsbau verdammen, doch klar ist: Kein Staat, keine Staatengemeinschaft kann auf Dauer ungeordnete Zuwanderung zulassen. Ja, dafür muss man zur Not mit einem autoritären Machthaber wie dem türkischen Präsidenten Erdogan zusammenarbeiten. Realpolitik? Natürlich. Man kann sich weder seine Nachbarn noch deren Regierungsform aussuchen. Übrigens heißt das keinesfalls, dass man mit Erdogan und Co. nicht mehr über Pressefreiheit und Menschenrechte reden muss. Nun ist dieses Signal verbunden mit einem weiteren, und das ist wichtig: dem Signal nämlich, dass man den wirklich Schutzbedürftigen weiter helfen wird, dass man ihnen legale Wege nach Europa schafft. Noch in dieser Woche wurden die ersten syrischen Flüchtlinge aus der Türkei unter anderem nach Deutschland ausgeflogen. Mit dem Türkei-Handel hat Angela Merkel erstmals seit der Grenzöffnung im September wieder eine aktive Politik in der Flüchtlingskrise betrieben.

Auch ein Autor der Neuen Osnabrücker Zeitung hat sich mit dem EU-Türkei-Pakt beschäftigt. Er kommt allerdings zu einem ganz anderen Ergebnis. Er hält die Rückführung von Flüchtlingen in die Türkei für ein äußerst riskantes Verfahren:

„Denn für Tausende von Menschen, die auf der Flucht nach Griechenland ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben, ist die Abschiebung und eine anschließende Rückkehr etwa nach Afghanistan, Pakistan oder in den Irak unvorstellbar. Zudem steht die Türkei im Verdacht, auch Menschen ins Bürgerkriegsland Syrien zurückzuschicken. Sieht so ein sicheres Drittland aus? Gegenwehr der Flüchtlinge in Griechenland und womöglich sogar Ausschreitungen scheinen da programmiert. Die Verantwortlichen in Europa sollten sich auf höchst unschöne Szenen einstellen. Auch rechtlich ist der EU-Türkei-Pakt fragwürdig. Während Asylentscheidungen in der EU normalerweise Monate dauern, soll es jetzt zweifelhafte Schnellverfahren innerhalb weniger Tage geben. Doch die EU ficht alle Kritik nicht an. Der Druck der Zuwanderung ist so groß und die Aufnahmebereitschaft der meisten Staaten so gering, dass als letzte Möglichkeit nur noch eine waghalsige Notbremsung blieb. Die Europäische Union muss aus diesem Chaos lernen. Notwendig sind starke humanitäre Maßnahmen und gezielte Entwicklungshilfe in Krisenstaaten und ihren Nachbarländern. Zudem muss es mehr legale Einwanderungsmöglichkeiten geben.

Rechtspopulisten und Wirtschaftskrise

Die AFD in Deutschland, der Front National in Frankreich oder auch die britische UKIP-Partei – all diese rechtspopulistischen Parteien werden in Europa immer stärker. Ein Autor der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hat sich mit dem Thema befasst und stellt einen Zusammenhang mit der angeblich ja schon vergangenen Wirtschaftskrise Europas her:

Die Wirtschaft im Euroraum kommt auch im Frühjahr 2016 nicht in Schwung. Das Bruttoinlandsprodukt wächst im Schneckentempo, es ist heute noch immer nicht größer als vor dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers im Herbst 2008. Daran ändert auch die Geldpolitik der EZB nichts, die mit nahezu allen Mitteln versucht, für mehr Dynamik zu sorgen. Die anhaltende Wachstumsflaute trifft vor allem die rund 16,6 Millionen Arbeitslosen in den 19 Euroländern. Viele von ihnen sind Jugendliche und haben kaum Aussichten auf eine erfolgreiche berufliche Zukunft. Diese andauernde wirtschaftliche Perspektivlosigkeit hat Nebenwirkungen, die nun an immer mehr Stellen sichtbar werden. In ganz Europa wenden sich Menschen von etablierten Parteien ab, unterstützen Populisten und pochen auf regionale oder nationale Eigenständigkeit. Zum Beispiel in Spanien erschwert all das den ohnehin schwierigen wirtschaftlichen Aufholprozess. Natürlich ist die ökonomische Schwäche nicht der alleinige Grund für Populismus und Nationalismus. Allerdings können die gefährlichen Tendenzen auch nicht verstanden werden, wenn man die Augen vor dem Zusammenhang verschließt.