Das Netz ist Kommerz: Die Presseschau

Es war eins DER großen Themen auf EU Ebene diese Woche. Das Parlament hat die Netzneutralität eingeschränkt – sagen zumindest die Kritiker. Aber die Journalisten landauf, landab sind sich ziemlich einig. Ein Zeit-Autor schrieb zum Beispiel, die Entscheidung zeige einfach nur, dass das Netz mittlerweile ein durch und durch kommerzialisierter Raum geworden sei…:

Presseschau

„…von einigen Ecken mal abgesehen. Kollaboration und Innovation werden ausgebremst von Konkurrenzkampf und Besitzstandswahrung, wie in allen anderen Wirtschaftszweigen auch. Die Entscheidung des EU-Parlaments, das Prinzip der Netzneutralität weiter aufzuweichen, passt deshalb in diese Zeit. Der Erfinder des WorldWideWeb Tim Berners-Lee wird die Entscheidung so deuten: Die Besitzer wichtiger Infrastrukturen können mit finanzkräftigen, etablierten Inhalte-Anbietern künftig über kostenpflichtige Bevorzugung verhandeln, noch über das ohnehin schon bestehende Ausmaß hinaus. Kleine Start-ups können sich solche Privilegien nicht leisten und die Großen nicht mehr so einfach herausfordern. Das gilt besonders für europäische Start-ups, die kaum jene Summen an Risikokapital einsammeln können, wie sie im Silicon Valley bereitgestellt werden. Und auch die Nutzer haben das Nachsehen: Sie werden demnächst direkt oder indirekt zur Kasse gebeten für Dienste und Inhalte, die heute Teil des ganz normalen Internetverkehrs und ganz normaler Datenflatrates sind.“

Nicht nur zur Netzneutralität hat das EU-Parlament in dieser Woche eine Entscheidung getroffen. Für den Wegfall der Roaming-Gebühren gibt es nun endlich einen festen Termin. Den findet ein Autor der Neuen Westfälischen Zeitung aber gar nicht gut und zwar aus folgendem Grund:

„Erst 2017 ist Schluss mit den Zusatzgebühren für Handytelefonate im EU-Ausland. Das ist viel zu spät. Jahrelang haben Mobilfunkbetreiber den Urlaubern tief in die Tasche gegriffen, wenn sie im EU-Ausland telefonieren wollten. Es wäre gerechter gewesen, wenn das EU-Parlament den Anbietern schon jetzt die Ketten angelegt und die zusätzlichen Kosten mit sofortiger Wirkung verboten hätte. Denn genau genommen widersprechen die Roaming-Gebühren dem Grundgedanken eines Europas ohne Grenzen. Man kann heute zwar grenzenlos reisen, das Handytelefonat aber ist spätestens ab der Landesgrenze um ein Vielfaches teurer als zu Hause. Schuld an den teuren Tarifen sind auch die Verbraucher, die es versäumt haben, durch die Wahl günstiger Nischenanbieter Druck auf den Mobilfunkmarkt aufzubauen.“

Ein Expertengremium der EU hat diese Woche vorgestellt wie die Abgasuntersuchungen bei Autos in Zukunft besser von Statten gehen sollen. Allerdings kam dabei nicht das heraus, was sich die meisten gewünscht hätten. Sie sagten, dass die Hersteller die gesetzlich vorgeschriebenen Stickoxid-Grenzwerte bis ins Jahr 2021 hinein deutlich überschreiten dürfen, und zwar teilweise um das mehr als Zweifache. Der Spiegel schreibt dazu:

„Klingt irre? Ist es auch. Denn mit dieser Regelung ist es nun amtlich, dass die bisherigen Vorschriften, all die festgelegten Grenzwerte, vor allem im Labor erreicht werden können. Selten aber da, wo die Autos gefahren werden. Umweltverbände kritisieren seit Jahren, dass es nicht darum gehen könne, die Luft für die Mitarbeiter von Messzentren bei TÜV, ADAC und Co. reinzuhalten. Sondern für alle Menschen. Die Botschaft des gestrigen Beschlusses ist eindeutig: Wir wissen, dass bei den Emissionsmessungen geschummelt wird und der Schadstoffausstoß in Wahrheit viel größer ist – aber hey, das ist ok! Eltern kennen das: Manchmal muss man störrische Kinder mit Sanktionen belegen, um sie zu motivieren. Leider traut sich das die Politik auch nach dem VW-Skandal nicht zu.