Steinbach: „Wir sind in einem Dilemma“

Und plötzlich rückt die Türkei näher an die EU, als einigen lieb ist. Auf der einen Seite braucht die EU das Land in der Flüchtlingssituation. Auf der anderen Seite bemängeln Gegner, dass die Menschenrechte in der Türkei nicht gewahrt werden. Über das aktuelle Dilemma der EU berichtet Monika Olszewski:

Türkische Staatsflagge am Bug eines Schiffes, mit Meer und Brücke im Hintergrund.

Gerade erst gab es einen der schlimmsten Anschläge in der türkischen Hauptstadt Ankara mit fast 100 Toten. Der Regierung wird vorgeworfen, sie habe von den Anschlagsplänen gewusst und nichts dagegen unternommen. Und dann stehen in dieser Situation die Wahlen am 1.November an. Der Nahost-Experte Udo Steinbach erklärt:

„Die Türkei befindet sich in einer Staatskrise, das ist unbezweifelbar, dass die Türkei zerbricht ist eher unwahrscheinlich. Wir werden sehen wie die Wahlen ausgehen. Dann wird man versuchen müssen mit einer neuen Regierung einen Neuanfang zu machen und die Wunden zu heilen, die man sich in den letzten Jahren und vor allem Monaten zugefügt hat.“

Und trotzdem ist die Türkei gerade in der Flüchtlingssituation für die EU und gerade Deutschland wichtig. Die meisten Flüchtlinge fliehen über die Türkei Richtung EU. Steinbach:

„Wir sind in einem Dilemma. Auf der einen Seite brauchen wir die Türkei in der Flüchtlingsfrage. Auf der anderen Seite ist die Türkei in einem Zustand in dem man nur schwer mit ihr verhandeln kann, was das Rechtssystem betrifft, was die Demokratie betrifft, was die Medien- und Pressefreiheit betrifft. Die Menschen- und Bürgerrechte werden aufs schwerste verletzt.“

Und doch reist Bundeskanzlerin Angela Merkel in die Türkei – ungern, wie Nahost-Experte Steinbach glaubt. Staatspräsident Recip Erdogan will verhandeln, will Eingeständnisse der EU:

„Aber ich glaube nicht, offen gesagt, dass man zu einer Lösung kommen wird. Denn der Preis den Erdogan fordert, ist sehr hoch. Also leicht und erfolgsversprechend ist diese Reise nicht.“