„Wir schaffen das“ – die Presseschau der Woche

Die Flüchtlingskrise bleibt das beherrschende Thema in den Medien. In dieser Woche musste sich erstmals auch Angela Merkel kritischen Fragen in der Talkshow von Anne Will stellen. Und sie bleibt – anders als CSU-Chef Seehofer – bei der Aussage: wir schaffen das.

Presseschau

Marko Langer von der deutschen Welle hat der Auftritt der Kanzlerin beeindruckt – aber nicht überzeugt.

„Es ist schon beeindruckend, wie unsere Regierungschefin mal eben, noch im gleichen Jacket wie am Nachmittag im Europaparlament in Straßburg, ihre Politik erklärt, ohne unsouverän zu wirken. Aber wenn es zur Sache geht, wird die Sache schwammig. Zum Beispiel in der Frage: Wie viele Syrer, Albaner, Iraker, Afghanen sind denn jetzt da oder noch auf dem Weg? „Kennen Sie überhaupt eine genaue Zahl oder gehört das auch in die Unordnung hinein, dass Sie es gar nicht wissen?“ Das war eine sehr gute Frage von Anne Will, und die Antwort war wortreich und ausweichend zugleich. Nein, die Kanzlerin kannte – pardon – nannte keine Zahl. Und hier liegt das Problem. Denn: Wer an zentralen Punkten so agiert, vermag am Ende nicht zu überzeugen. Das könnte die Regierungschefin am Ende einholen. Sie ist umgeben von, ja, einer Willkommenskultur. Aber sie ist auch umgeben von großer Skepsis, von Unionsfreunden in München, die jetzt von „Notwehr“ an den Grenzen sprechen und einem sozialdemokratischen Koalitionspartner, der am Morgen nach dem TV-Auftritt – durch Generalsekretärin Yasmin Fahimi – angibt: Merkel agiere kurzsichtig und fahre auf Sicht.

Reaktion auf sinkende Umfrage-Werte

Journalist Christian Bangel von Zeit Online sieht im Talkshow-Auftritt der Kanzlerin vor allem eine Reaktion auf die sinkenden Umfrage-Werte. Und auch den Erfolg Seehofers, der für seine kritische Worte zur Flüchtlingspolitik viel Zustimmung erhalten hat.

„Dies ist normalerweise der Moment, in dem Politiker die Richtung ändern. Merkel aber reagiert bei Anne Will stoisch: Ich habe einen Plan, aber es hängt nicht allein von mir ab, ob er funktioniert. Oder: Es liegt nicht in meiner Macht, zu beeinflussen, wie viele zu uns kommen. Oder: Ich werde den Deutschen nichts versprechen, was ich nicht halten kann. Von Anne Will danach befragt, ob man nicht die Grenze schließen könne, fragt Merkel nüchtern zurück, ob man also einen Zaun um die 3.000 Kilometer deutscher Landgrenze ziehen solle. Ihre harte Wahrheit ist: Wir können da kurzfristig wenig tun. Nach den bundesdeutschen politischen Gesetzen ein klarer Fall politischer Wahrnehmungsstörung.“

„Ein sensationelles Urteil“

Und noch ein Thema hat die Kommentatoren in dieser Woche beschäftigt: das Urteil des Europäischen Gerichtshof, das den Datenaustausch mit den USA gestoppt hat. Großkonzerne wie Facebook, Google oder Amazon dürfen keine europäischen Nutzerdaten mehr auf US-Servern speichern, da dort die Ausspähungsgefahr zu groß sei. Katharina Georgie von der Neuen Westfälischen kommentiert das so:

„Ein sensationelles Urteil. Nach den Enthüllungen durch Edward Snowden war das Abkommen seit längerem in der Kritik: Europäische Daten werden vor dem Zugriff von Behörden nicht ausreichend geschützt. Massenüberwachungen europäischer, deutscher Bürger waren möglich. Das könnte auch daran liegen, dass US-Unternehmen sich den Schutz der sensiblen Daten der Europäer selbst bescheinigten. Kontrolliert wurde das Versprechen nie. Das reicht nicht mehr aus, urteilt der Europäische Gerichtshof. Denn persönliche Daten brauchen einen besonderen Schutz. Das sagt auch Artikel 8 der EU-Grundrechtecharta: „Jede Person hat das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten.“ Daten sind das Gold des 21. Jahrhunderts. Es ist gut, wenn die großen Konzerne nicht mehr uneingeschränkten Zugriff auf sie haben.