Die Flüchtlingskrise und die Kanzlerin – Die Presseschau der Woche

Die Flüchtlingskrise hat auch in dieser Woche die Presselandschaft beherrscht. Und das Thema scheint auch innenpolitisch für immer mehr Kontroversen zu sorgen. Ein Autor des Spiegel macht sich sogar sorgen um die bislang unantastbare Kanzlerin. Die gestern veröffentlichten Zahlen des im „Deutschlandtrend“ scheinen ihn zu bestätigen:

Presseschau

„Merkel steht wegen ihres bisherigen Kurses in der Flüchtlingspolitik in den eigenen Reihen unter Druck. Die Kritik schallt ihr lauter, schärfer und offener entgegen als in der Eurokrise, beim Atomausstieg oder der Wehrpflichtsdebatte. Die Popularitätskurve der Kanzlerin sinkt und mit ihr manche, zuvor in Stein gemeißelte Umfragewerte der Union. Das alles, weil Merkel in der Flüchtlingskrise – aus humanitärer Sicht aller Ehren wert – in die emotionale Offensive gegangen ist: Sie hat eine Linie vorgegeben und damit endlich einmal jene Zögerlichkeit abgelegt, die man ihr zuvor immer zum Vorwurf gemacht hat. In der Union aber stellen sie immer lauter die Frage, ob sich Merkel für diesen Stilbruch das richtige Thema ausgesucht hat. Wenn die Landtagswahlen im März 2016 in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt verloren gehen – und die Union auch in den bundesweiten Umfragen nach unten reißen? Dann könnte es wirklich ungemütlich werden für Merkel.“

Ähnlich sieht es auch ein Autor der „Neuen Westfälischen“:

Die Kanzlerin, hat ihr Identitätsthema als Staatsfrau mit bleibender historischer Wirkung erkannt. Es ist die Integration der Flüchtlinge in die Europäische Union – und in Deutschland. Die Union, CDU wie CSU, hat es schwer in ihrer nationalen Identität im Umgang mit Migration und Ausländern. Das sieht man in den Debatten zum Einwanderungsgesetz ebenso wie im Umgang mit den Herausforderungen der Flüchtlingsbewegung. Die Partei ist seit je gespalten in die Anhänger der christlichen Tradition und die Konservativen, die aus der Betonung des Nationalen kommen. Entweder sie folgt Merkel mit dem Risiko, daran zu zerbrechen. Oder sie folgt ihr nicht, dann geht Merkels Kanzlerschaft zu Ende. So oder so eine Zeitenwende.“

Ein Autor der FAZ glaubt, dass die anfängliche Flüchtlingseuphorie in Deutschland ziemlich bald verschwunden sein wird, wenn die Asylregeln nicht eingehalten werden.

Lager – das Wort hat in Deutschland einen schlimmen Klang. Wenn viele Menschen auf engem Raum zusammengezwungen werden, ist deren Würde stets in Gefahr. Doch sind Flüchtlings- und Aufnahmelager, in denen auch Millionen von Deutschen in der Nachkriegszeit und während der deutschen Teilung untergebracht waren, das kleinere Übel. Es sind Stationen der Hoffnung nach Krieg, Gewalt und Verfolgung. Auch heute sollte kein Flüchtling länger als nötig in einem Lager sein. Viele von denen, die jetzt an Krawallen beteiligt waren, hätten aber gar nicht nach Deutschland gelassen werden dürfen. Etwa Albaner – sie werden weder politisch verfolgt noch herrscht in ihrem Land Krieg. Es ist ohne Zweifel eine Schande, wenn Roma sogar in einem EU-Land wie Bulgarien diskriminiert werden. Doch kann Deutschland nicht dem gesamten Balkan eine Bleibeperspektive eröffnen. So weisen die jetzt vom Kabinett beschlossenen Maßnahmen in die richtige Richtung, aber auch sie dämpfen nur die Auswirkungen der Krise. Tausende überschreiten weiterhin Tag für Tag die Grenze nach Deutschland. Dabei könnten die meisten sogleich abgewiesen werden – und zwar im Einklang mit deutschem, europäischem und internationalem Recht. Denn sie kommen aus sicheren Ländern und haben keinen Asylgrund. Unwürdig sind die Zustände allenfalls deshalb, weil alle ins Land gelassen werden. Die Bundesregierung hat endlich erkannt, dass auch das Grundrecht auf Asyl und der Wille, jedem Kriegsflüchtling Schutz zu bieten, eine immanente Grenze haben.