Eine Woche im Zeichen der Flüchtlingskrise – Die Presseschau

Die Woche stand einmal mehr im Zeichen der Flüchtlingskrise – auch weil Jean-Claude Juncker seine lang ersehnte Rede gehalten hat. Er hat die EU-Staaten zur Solidarität aufgerufen und erneut eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge angekündigt.

Presseschau

Ein Autor des Magazins „Stern“ schrieb das hier dazu:

„Dass er mit diesem emotionsgeladenen Appell die Herzen und Köpfe jener europäischen Regierungschefs erreicht hat, die ihre Länder lieber abschotten, ist nicht anzunehmen. Junker weiß das, weshalb er auch kritisch anmerkte: „Die Europäische Union ist in keinem guten Zustand.“ Gemünzt war dies wohl in erster Linie auf den ultrakonservativen ungarischen Regierungschef Orbán, dem es nicht um den Aufbau, sondern um den Rückbau Europas geht. Seiner Auffassung nach sind die Ungarn gar „eine vom Aussterben bedrohte Art“. Das düstere Bild, das die Staatengemeinschaft in der Flüchtlingsfrage derzeit abgibt, wird sich deshalb wohl nicht so schnell aufhellen lassen. Vor allem die baltischen und andere osteuropäische Staaten werden aus der Reihe tanzen, größtenteils aus Angst davor, die politische Macht einzubüßen, sollten sie Junckers Weg beschreiten. Die Furcht vor aufblühendem Nationalismus und politisch organisierten Rechtspopulisten lässt manche Regierungschefs auf die Bremse treten – falls sie nicht schon selber diesen Weg eingeschlagen haben. Sie denken das Gegenteil von dem, was Juncker heute gefordert hat: „Migration muss legalisiert werden!“

Ein Autor der Welt hat sich ebenfalls zu Junckers Rede Gedanken gemacht, allerdings zieht er ganz andere Schlüsse. Ihm geht es um das Selbstverständnis des EU-Kommissions-Präsidenten:

„Es verdichtet sich der Eindruck, dass sich unter Juncker und seiner explizit „politischen“ Präsidentschaft die Kommission neben Ministerrat und EU-Parlament als dritte Kraft zu etablieren gedenkt. Es stellt sich allerdings die Frage, ob Juncker nicht erst die ihm eigentlich aufgetragene Aufgabe erledigen sollte. Die EU-Kommission sollte vor allem Hüterin der EU-Verträge sein. Wer sich mit viel Pathos darüber beschwert, dass in der Flüchtlingsfrage die Vertragsstaaten der EU bestehende Verträge missachten, der sollte nicht mit leichter Hand EU-Vertragsverpflichtungen, unter anderem beim eklatanten und wiederholten Überziehen der Staatsverschuldung durch Frankreich und Italien, absegnen. Es mag ja sein, dass Juncker glaubt, sich die Baugenehmigung für seine Brüsseler Sandburgen selbst ausstellen zu dürfen. Er darf sich dann aber nicht wundern, wenn in der EU jeder macht, was er will – mit oder ohne Gefühl.“

Auch ein Autor der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hat sich mit der Flüchtlingskrise beschäftigt. Er jedoch sagt, viele osteuropäische Staaten haben mit ihrer ablehnenden Haltung Recht. Warum begründet er so:

„Ihr wichtigstes Argument besagt, dass eine fixe und verbindliche Quotenregelung kein Problem löst, solange die Außengrenzen des Schengen-Raums nicht wirksam gegen illegale Migration abgeschottet werden und solange die Aufnahme von Asylbewerbern im Sinne des Dublin-Abkommens zu bewältigen ist. Zur Zeit geht es um die Verteilung von 160.000 Asylbewerbern, um Griechenland, Italien und Ungarn zu entlasten. Aber wenn der Zustrom anhält, was als sicher gilt, wird man die Quoten sukzessive und in immer kürzeren Abständen erhöhen müssen. Wer nun verbindlichen Quoten zustimmt, solange weitere Migranten ungehindert die Grenzen überschreiten, unterschreibt faktisch einen Blankoscheck. Dies zu tun wäre unverantwortlich, weil die zur Verfügung stehenden Ressourcen begrenzt sind. Hinzuzufügen wäre, dass das falsche Signal, das von der Quotenregelung ausgeht, den Schleppern nur noch mehr Kunden zuführen wird“