Studium für Flüchtlinge

Ungarn baut eine Mauer, Österreich will wegen -Zitat – „überproportionaler Belastung“ die EU verklagen, Dänemark überlegt, mit Hilfe von Zeitungsanzeigen Flüchtlinge fernzuhalten. Die EU fühlt sich mit der derzeitigen Situation überfordert und verharrt im Nichtstun. Studenten aus ganz Europa aber wollen das nicht akzeptieren und sagen: Das Boot ist noch längst nicht voll. EuranetPlus Reporterin Urte Modlich stellt einen von ihnen vor.

Hörsaal einer Uni mit ganz viel Sitzplätzen

Irgendwie ging alles ziemlich schnell. Studenten der Lüneburger Leuphana-Universität wollten im Frühjahr erreichen, dass Flüchtlinge nicht in ihren Unterkünften zu Langeweile verdonnert sind, sondern am Uni-Alltag teilnehmen können. Also wurden Gespräche geführt, Konzepte entworfen, einige Strukturen verändert und schon konnte es losgehen, beschreibt Student Tom Schmidt:

„Und nun haben sie den direkten Zugang zum Seminar, zur Uni und natürlich darüber hinaus auch zu unserer Gesellschaft. Das war so einfach und hat neue Dynamiken bewirkt.“

Die Flüchtlinge werden an der Uni nicht allein gelassen. Jedem wird ein sogenannter Buddy zur Seite gestellt:

„Das bedeutet, dass sie denen die ersten kleinen, alltäglichen Hürden erleichtern, zeigen, wo die Bibliothek ist, wie man ins Seminar kommt, vielleicht den Erstkontakt ermöglichen. Solche Kleinigkeiten, die aber vielleicht viele davon abhalten, überhaupt zu studieren.“

Flüchtlinge in die Uni zu holen kann auf längere Sicht nur Vorteile haben, findet Tom Schmidt. Denn viele Flüchtlinge kommen mit Fähigkeiten und Wissen zu uns, wovon wir profitieren können:

„Wenn man die woanders reinbringen würde, am besten noch ein Hauptschulabschluss machen lässt, obwohl sie schon einen Doktortitel haben, dann ist das eine krasse Verschwendung und auch eine Erniedrigung dieser Person und ihrer Potentiale.“

Ähnliche Projekte gibt es in ganz Europa. Und es könnten ruhig noch mehr werden, findet Schmidt:

„Dadurch, dass wir gesehen haben, wie einfach das ist, wenn einfach nur der Wille da ist, wollen wir diese Ideen und diese Konzepte in nächster Zeit veröffentlichen und als eine Art open-source-Plattform aufbauen, damit auch andere Initiativen davon profieren können und wir natürlich auch von deren Gedanken profitieren können.“