Freihandelsabkommen mit Vietnam

Ziemlich genau 9000 Kilometer Luftlinie trennen Brüssel und Vietnams Hauptstadt Hanoi. In der heutigen Zeit sind solche Distanzen aber kein Problem mehr, um intensive Handelsbeziehungen einzugehen. Und weil es zwischen Vietnam und der EU schon seit Jahren gut läuft, wurde jetzt ein Freihandelsabkommen beschlossen.

Nahaufnahme des Sternenkreises auf einer EU-Flagge.

Zweieinhalb Jahre wurde verhandelt, jetzt ist das Abkommen zwischen Vietnam und der EU beschlossene Sache. Handelshemmnisse und so gut wie alle Zölle fallen weg, der Warenaustausch soll so weiter angekurbelt werden. Gerd Oliver Seidensticker vom gleichnamigen Hemden-Hersteller in Bielefeld begrüßt die Entscheidung. Sein Unternehmen produziert schon seit vielen Jahren erfolgreich in Südostasien: „Wir sind jetzt seit 25 Jahren in Vietnam, waren wahrscheinlich eines der ersten Joint-Ventures dort. Und das zu einer Zeit, als das Land ja noch gar nicht so in der Betrachtung war und haben heute unsere größte eigene Produktion inklusive logistischem Hub in Vietnam.“ Das sozialistisch regierte Land ist auch in anderen Branchen ein wichtiger Produktionsstandort, z.B. bei Drucker- oder Handyherstellern. Gute Argumente für Vietnam gibt es genug – und dazu gehören nicht nur die niedrigen Mindestlöhne, die noch deutlich unter China-Niveau liegen, erklärt Seidensticker: „Zum einen sind es inzwischen auch sehr stabile rechtliche Rahmenbedingungen und eine gute Fingerfertigkeit. Das vergisst man immer gerne bei unseren Produkten. Man braucht also auch Menschen, die es verstehen, Qualitätsprodukte zu fertigen und natürlich auch ein Bekenntnis zu der Leichtindustrie, aus der wir kommen – also der Bekleidung – dass man dort wachsen wollte.“

Hinzu kommt, dass in Vietnam 90 Millionen Konsumenten leben, die von der aufstrebenden Wirtschaft profitieren und gerne in Produkte „Made in Europe“ investieren. Die positiven Aussichten könnten aber auch schnell zum Nachteil für Seidensticker und die anderen Firmen werden, erklärt Seidensticker: „Was zu befürchten ist, ist natürlich ein so genannter Run auf die Arbeitskraft. Und Vietnam ist ja kein Land, das wild und wahllos wächst, auch dort gibt es eine ganz normalen Geburtenentwicklung und –kontrolle. Die Arbeitskraft wird wertvoller und man muss eben was dafür tun als Unternehmer und als Arbeitgeber, dass der Mitarbeiter gerne bei einem arbeitet.“

Das Freihandelsabkommen mit Europa dürfte die Wirtschaft in Vietnam weiter ankurbeln, allein nach Deutschland wurden im vergangenen Jahr Waren im Wert von sechs Milliarden Euro exportiert. Bis Ende des Jahres soll das Abkommen unterschriftsreif sein und ab 2017 in Kraft treten.