„Seawatch“ – das private Flüchtlingsrettungsboot

Wenn wir über Flüchtlinge sprechen, hören wir von der EU immer nur Zahlen. Aber Ingo Werth hat ihnen in die Augen gesehen, als er Sie rettete. Werth war Kapitän des privat finanzierten Hilfsschiffs „Seawatch“, das Flüchtlinge aus dem Mittelmeer bergen soll. Was der Hamburger erlebte, als seine Mannschaft im Juli zu ihrer ersten Rettungsfahrt vor die libysche Küste aufbrach, hat er im Gespräch mit Euranet Plus berichtet.

Ein Schiff fährt über das Meer, im Hintergrund große, teilweise bewachsene Felsen.

Für den Hamburger Ingo Werth ist sein Einsatz auf dem aus Spenden finanzierten Rettungsboot „Seawatch“ ganz klar: „Wir haben so die Chance, den Menschen etwas zurückzugeben. Das empfinde ich als eine ganz tiefe moralische Verpflichtung.“ Dabei hat Werth eine Menge erlebt, auf der Seawatch, die zwar zu klein ist, um Flüchtlinge direkt aufzunehmen, aber Schwimmwesten und Rettungsinseln an Bord hat und so die italienische Küstenwache unterstützt. Häufig wird die Rettungsmannschaft freundlich empfangen, manchmal aber auch mit Angst, wie Werth über ein Flüchtlingsboot erzählt: „Sie haben usnere Schnellbootbesatzung nach ausweispapieren gefragt und sie mochten nicht glauben, dass wir aus Deutschland sind. Derjenige vom Schnellboot, der den Kontakt aufnimmt mit den Flüchtlingen, hat gesagt ‚wir sind hier, um euch zu helfen’…“. Denn nur das rettende Ufer der EU zählt, weiß Werth: „Dann haben sie sich helfen lassen, haben gesagt ‚bevor ihr uns zurückbringt nach Libyen, wollen wir lieber hier und sofort auf dem Meer sterben…“

Umso erschreckender findet Werth, wie die EU mit der Flüchtlingssituation umgeht: „Das ist unterlassene Hilfeleistung“, ist er sich sicher, „wenn nicht sogar Mord durch die Europäische Union und ich finde es zutiefst peinlich, wie sich die Regierungen damit brüsten, dass sie dort unten erste Hilfe leisten.“ Und deshalb sind solche privaten Rettungsaktionen im Mittelmeer, wie die der Seawatch nötig, meint Werth: „Wir müssen es uns einfach mal bewusst machen, dass wir auf der Sonnenseite dieses Planeten leben und das haben wir durch nichts verdient. Es ist kein Verdienst hier zu leben, sondern es ist das reine Glück!“ Noch bis Oktober will die Seawatch weitere Flüchtlinge aus dem Mittelmeer retten, falls noch genug Mittel aus Spenden und Eigenkapital der Initiatoren vorhanden sind.

Ein ausführliches Interview mit Ingo Werth können Sie sich in unserer Sendung Treffpunkt Europa anhören.